Genug ist Genug
Demonstrationen gegen die aktuelle Krisenpolitik in Halle
Am 15. und 17. September fanden zwei Demonstrationen gegen die Krisenpolitik der amtierenden Bundesregierung und für soziale Gerechtigkeit statt. Die zwei neu gegründeten Bündnisse „Halle Zusammen!“ und „Genug ist Genug Halle“ hatten zum Protest aufgerufen.
Am Abend des 15. Septembers versammelten sich etwa 150 Menschen auf dem Marktplatz. Sie folgten dem Aufruf des Bündnisses „Halle Zusammen!“, das Protestaktionen und selbstorganisierte Hilfemaßnahmen umsetzen will. Es war die erste Demonstration im Kontext der aktuellen sozialen Krise, die von einem linken Bündnis in Halle organisiert wurde.
Die Redner*innen übten scharfe Kritik am aktuellen Kurs der Regierung. Lautstark verliehen die Demonstrant*innen mit zahlreichen Parolen ihren Forderungen Nachdruck.
Dani Luiz
…ist Teil der Transit Redaktion und dokumentiert unter anderem Protestgeschehen in Halle.Weitere Impressionen der Demonstrationen
Die Klimagerechtigkeitsgruppe „Ende Gelände Halle“ weitete die Forderung der Weiterführung des Tickets aus und verlangte in ihrem Redebeitrag einen bundesweit kostenlosen Nahverkehr und einen Investitionsschub in die dafür benötigte Infrastruktur. Ohne die zusätzlichen Investitionen bliebe der kostenlose Nahverkehr zumindest für das Klima nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Nutzen eines kostenfreien Nahverkehrs geht außerdem weit über den Klimaschutz hinaus. Es gäbe keine Probleme mehr mit den unterschiedlichen Tarifzonen und verschiedenen Abonnements. Ende Gelände verdeutlichte dies mit einem lokalen Beispiel: Aktuell führt die HAVAG auf ihrer Internetseite 38 verschiedene Angebote für Fahrtickets, alle gelten zu unterschiedlichen Zeiten, für unterschiedliche Personengruppen, in unterschiedlichen Gebieten und zu unterschiedlichen Zeiten.
„Kostenloser Nahverkehr aber bietet Menschen Zugang zu Freizeit, Kultur und Bewegung. Zum Wochenmarkt fahren, das nächste Stadtfest besuchen oder einen Ausflug in den Harz unternehmen. Kostenloser Nahverkehr kann Menschen, die sich vorher vielleicht keine Zugfahrt für 180€ pro Person leisten konnten, die Möglichkeit bieten, in den Urlaub zu fahren“, so Ende Gelände weiter.
Dem Staat würde ein kostenloser Nahverkehr jährlich 13 Milliarden Euro kosten, was beispielsweise mit einer Übergewinnsteuer finanziert werden könnte. „Die Koalition konnte 100 Milliarden für die Bundeswehr aus dem Ärmel schütteln. 100 Milliarden. Das sind fast 8 Jahre kostenloser Nahverkehr“, machten die Klimaaktivist*innen zum Abschluss ihrer Rede deutlich.
„Uniper darf erst der Anfang sein. Gas, Wasser, Essen und Transport sollten vergesellschaftet und damit zum bezahlbaren Grundrecht erklärt werden, und zwar für alle!“
In einem Redebeitrag berichtete eine Person von ihren Sorgen um die nächsten Monate: „Ich bin heute hier, weil ich mittlerweile einfach nur noch wütend bin. Es heißt immer, wir sitzen alle im selben Boot und müssten alle jetzt gemeinsam durch eine schwere Zeit. Aber die Krise trifft uns nicht alle gleich. Wir sitzen nicht im selben Boot. Wir saßen auch noch nie im selben Boot.“
Die Wut und die Existenzängste, die die Person mit vielen Menschen in der aktuellen Situation teilt, kamen im Redebeitrag deutlich zum Ausdruck: „Schluss damit, dass die Regierung mit ihrer Klima- und Sozialpolitik das Leben von Millionen Menschen gefährdet. Schluss damit, dass schon wieder wir die Kosten der Krise bezahlen. Die Reichen müssen für diese Krise zahlen. Wir frieren nicht für eure Profite!“
Zusätzlich zu den Kernforderungen von „Halle Zusammen!“ forderte Jan vom ebenfalls neu gegründeten Bündnis „Genug ist Genug Halle“ einen Mietpreisstopp und ein Ende von Zwangsräumungen: „Mieten müssen bezahlbar sein!“. Die beiden Bündnisse unterstützten sich gegenseitig mit Redebeiträgen und gemeinsamer Mobilisierung. Ein Redner von „Halle Zusammen!“ beklagte jedoch am Samstag auf der Demonstration von „Genug ist Genug Halle“, dass nur wenige der Teilnehmer*innen vom Donnerstag gekommen seien.
Direkt zu Beginn machten die Redner*innen deutlich, dass sich ihr sozialer Protest solidarisch mit den Menschen in der Ukraine zeige. Die Verurteilung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sei eine notwendige Grundlage für solidarischen Protest.
Außerdem müsse sich dieser deutlich von rechtem Gedankengut, Verschwörungsideologien und Diskriminierung abgrenzen. Ein Redner des Bündnisses „Halle Zusammen!“ machte deutlich, dass unsolidarische Politik ihr Kapital aus der Verelendung schlage. Umso wichtiger sei es, dem gemeinsam einen solidarischen Protest entgegenzusetzen. „Dafür müssen wir mehr werden“, gestand der Redner ein.
Am Rand der Auftaktkundgebung auf dem Riebeckplatz provozierten zwei Neonazis. Sie gingen eine Gruppe Teilnehmer*innen verbal an und sprachen Morddrohungen gegenüber Journalist*innen aus. Nachdem die Demonstration die Leipziger Straße zum Leipziger Turm losgelaufen war, wurden die zwei Neonazis, die Szenecodes der extremen Rechten zur Schau stellten und einen Anstecker der NPD trugen, von der Polizei aufgehalten. Später folgten beide der Demonstration auf Abstand und riefen neonazistische Parolen. Sonst bliebt die Demonstration ruhig.