Entscheidung im Februar: Hasi akut räumungsbedroht

Haus wird weiter genutzt – Eigentümerin will räumen lassen – Solidarität in der Stadt

von | veröffentlicht am 22.02 2018

Beitragsbild: Transit

Ende Februar scheint sich das Schicksal der Hasi endgültig zu entscheiden. Viele Hoffnungen ruhen erneut auf dem Stadtrat, der seine kommunale Wohnungsgesellschaft HWG noch am Rauswurf des soziokulturellen Zentrums hindern kann. Derweil wird das Haus weiter genutzt und erhält Solidarität aus der Stadt. Ein Überblick zum aktuellen Stand.




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Man möchte sich verwundert die Augen reiben, wenn es denn verwunderlich wäre: Die Hasi ist seit Anfang Februar ganz offiziell nicht mehr geduldet in jenen Mauern, die sie zwei Jahre ihr Zuhause nennen konnte. Ende Januar lief die letzte Verlängerung der Gestattungsvereinbarung mit der Halleschen Wohnungsgesellschaft HWG, der Grundstück und Gebäude gehören, aus. Ein letzter Versuch am 31. Januar im Stadtrat für ein weiteres Mal einen Aufschub zu erwirken kam nicht zum Zuge, da ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Beratung in die Ausschüsse verwiesen wurde. Ein durchaus üblicher Vorgang. Und es ist ja nicht so, als wäre seit September zu wenig Zeit gewesen, um die langfristige Sicherung des Projekts rechtzeitig in trockene Tücher zu bringen. Seit knapp sechs Monaten wird die Frage nach möglichen Lösungen für das Projekt immer wieder vertagt. 

Nun also wieder auf Null. Die Hoffnung: So lange im Stadtrat, und damit dem zentralen Entscheidungsgremium der Stadt Halle als Eigentümerin der HWG, keine abschließende Entscheidung getroffen wird, kann die Wohnungsgesellschaft keine ernsthaften Schritte zur Räumung des Hauses einleiten. In der Schwebe hängt der Antrag der Grünen, der eine Gesellschafterweisung vorsieht. Demnach würde die Stadt als alleinige Gesellschafterin der HWG deren Geschäftsführung damit beauftragen, das Ensemble zum Verkehrswert an den Trägerverein der Hasi zu verkaufen. Vorgesehen ist auch eine verpflichtende Mediation mit Nachbar*innen, die der Hasi kritisch gegenüberstehen. Außerdem soll der Nutzungsvertrag noch einmal um fünf Monate verlängert werden, um genügend Zeit für die Abwicklung des Verkaufs zu schaffen.  

Hasi als Spekulationsobjekt? 

Der Verkehrswert liege laut einem von der Stadt in Auftrag gegebenen unabhängigen Gutachten bestenfalls bei einem symbolischen Euro. Im Januar hatte der Trägerverein Capuze e.V. gemeinsam mit dem Haushalten Halle e.V. ein Kaufgesuch bei der HWG eingereicht und 50.000 Euro angeboten – also das 50.000fache des Verkehrswertes. Und jener Preis, für den die HWG das Gelände bereits vor zehn Jahren zum Verkauf angeboten habe. Dass Unternehmen fordere dem Vernehmen nach nun einen Millionenbetrag für das bis vor zwei Jahren für lange Zeit ungenutzte und verwahrloste Gelände. Das wäre eine aus Sicht der HWG enorme Wertsteigerung binnen eines Jahrzehntes, ohne dass die HWG in das Grundstück hätte investieren müssen und trotz der immer wieder gegen die Hasi ins Spiel gebrachten Bodenkontamination.  

Ist die Hasi also nur ein Spekulationsobjekt eines kommunalen Unternehmens? Wenn man sich das Umfeld der Hafenstraße anschaut, so liegt diese Vermutung nahe: Die Straße ist saniert, am namensgebenden Sophienhafen sind schicke Wohnhäuser entstanden. Die nächsten Bauprojekte stehen bereits an. Da passt ein hübsches Grundstück mit Saaleblick und Nahverkehrsanbindung gut in das Portfolio des ein oder anderen Investors auf der Salineinsel. Diesen Verdacht nährt auch eine neue Argumentationslinie: So hatte HWG-Geschäftsführer Marx in der öffentlichen Beigeordneten-Konferenz der Stadt am 13. Februar vorgebracht, dass er entweder mehrere 100.000 Euro in das Gelände stecken müsse um es nutzbar zu machen, oder es aber auch für deutlich mehr Geld verkaufen könne – den besagten Millionenbetrag. Das Grundstück für 50.000 Euro zu verkaufen würde, so zitiert ein Besucher der Beigeordnetenrunde den Geschäftsführer, dem Tatbestand der Untreue gleichkommen. 

Dieselbe Argumentation sei nun auch bei der SPD zu vernehmen, heißt es aus Hasi-Kreisen. Zudem werfe man dort dem Oberbürgermeister vor, nicht richtig nach Ausweichobjekten gesucht zu haben, weshalb die SPD hier im Stadtrat noch einmal mit einem Änderungsantrag zum Antrag der Grünen nachfassen wolle. Bereits im Dezember hatte sie den damals geplanten Hasi-Ankauf durch die Stadt mit einem Änderungsantrag verhindert, der Verwaltung zur Suche nach Alternativstandorten verpflichtet hatte. Dieses Verfahren war im Januar erfolglos nach Besichtigung mehrerer Objekte beendet worden. Es scheint damit endgültig geklärt, dass die SPD-Fraktion die Hasi in der Hafenstraße nicht will. Was das für das taufrische rot-rot-grüne Bündnis zur halleschen Oberbürgermeisterwahl 2019 bedeutet, wird sich noch zeigen. Schon bei der gescheiterten Abstimmung im Dezember hatte es zwischen den Linken, den Grünen und der SPD ordentlich geknirscht. Angeblich hatte sich die SPD damals nicht an Absprachen zugunsten des damaligen Hasi-Rettungsantrages gehalten. Wenige Enthaltungen aus der SPD-Fraktion hätten schon für einen erfolgreichen Beschluss gereicht. Am Ende hatte sich mit Krause nur der Fraktionsvorsitzende enthalten, während der Rest mit Nein votierte. 

Solidarität in der Stadt 

Die SPD als politische Akteurin ist auch deshalb gerade eine der Hauptadressat*innen in der Öffentlichkeitsarbeit der Hasi. Im Internet kursiert ein offener Brief an die SPD zur Mitzeichnung, in dem die Partei aufgefordert wird, zur Erhaltung des Projektes in der Hafenstraße 7 beizutragen. Knapp 200 Unterschriften seien laut einem Facebook-Post der Hasi vom 20. Februar schon zusammengekommen. Und auch aus anderer Richtung wächst der Druck auf die Fraktion – zumindest auf ihren Fraktionsvorsitzenden, der gleichzeitig Regionsgeschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB ist. Dessen Stadtjugendausschuss hatte in einer aktuellen Stellungnahme Partei für die Hasi und den Erhalt des aktuellen Standortes ergriffen. Die Hasi trage zur kulturellen Vielfalt in der Stadt bei, sei beim Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung in Halle unverzichtbar und setze zudem ein Zeichen gegen den Verfall kommunalen Eigentums, so die Gewerkschaftsjugend. Zuvor hatten bereits weitere lokale Akteure wie der Studierendenrat an der Martin-Luther-Universität ihre Solidarität mit dem soziokulturellen Zentrum erklärt. 

Der Verfall eines für die Entwicklung der Stadt historisch bedeutsamen Geländes – schließlich entstand hier in den 1850er Jahren Halles erste Gasanstalt – wurde in den letzten beiden Jahren mit der Nutzung durch den Capuze e.V. gestoppt. Viele hundert Arbeitsstunden seien laut Trägerverein ehrenamtlich in die Erhaltung geflossen – auch unter fachlicher Beratung von Denkmalpfleger*innen. Die erstmalige Teilnahme am Tag des offenen Denkmals 2017 wurde von der Bevölkerung gut angenommen. Und seit Februar liegt auch eine Broschüre zur Geschichte des „vergessenen Denkmals“ vor, die einen kleinen Teil Stadtgeschichte aufarbeitet und dafür wirbt, sie an gleicher Stelle fortschreiben zu dürfen. Einem Lageplan in dieser Broschüre kann im Übrigen entnommen werden, dass neben dem Hasi-Gebäude, dem früheren Beamtenhaus, schon länger ein Garten existiert haben muss – dort befinden sich heute Hochbeete. Eine große Teer- und Ammoniakgrube, die bereits 1885 zugeschüttet worden sei, habe es zwar auch auf dem Gelände der Gasanstalt gegeben. Der Standort befinde sich allerdings fast auf Höhe des Sophienhafens und damit heute weit weg vom Hasi-Gelände – aber nahe dran an der neuen Wohnbebauung. 

„Let’s defend free spaces!“ 

Am 8. Februar soll die HWG nun eine Räumungsklage eingereicht haben. Sollte es zu einem Prozess kommen, könnte das ein langwieriges Verfahren werden. Schließlich war die Nutzung des Objektes von der HWG anfangs sehr schnell geduldet worden. Fraglich ist auch, ob die Hasi überhaupt aus einer handfesten „Besetzung“ hervorgegangen ist. Die HWG sei im Vorfeld sogar bereits über die geplante Nutzung informiert worden und habe dieser nie ausdrücklich widersprochen. Zudem seien in der ursprünglichen Nutzungsvereinbarung mit dem Capuze e.V. „wohlwollende Verhandlungen“ zur Weiternutzung angekündigt worden. Eine Verlängerung wurde damit von Anfang an in Aussicht gestellt. Grund für Optimismus? Die Hasi jedenfalls zeigt sich von einer möglichen Räumungsklage weitgehend unbeeindruckt – und macht weiter. So wurde unter anderem am 18. Februar ein Umsonstladenregal gemeinsam mit der frisch aus der Taufe gehobenen Nachbar*innen-Initiative in der Hafenstraße eingeweiht. 

Hasi-bleibt-Transparente am Hallmart anlässlich der Demo für den Erhalt des Soziokulturellen Zentrums am 24. Februar in Halle. (Bild: Transit)

„Fassungslosigkeit“ sei da von den Besucher*innen wiederholt im Gespräch geäußert worden. Und diese Fassungslosigkeit hat am 24. Februar wieder Menschen in Halle auf die Straße getrieben: Unter dem Motto „Let’s defend free spaces!“ demonstrierten laut Veranstalterangaben etwa 500 Menschen in der halleschen Innenstadt für die Hasi. Im Aufruf wurde eine „partizipative und nachhaltige Stadtpolitik“ gefordert, „die sich nach den Bedürfnissen der Menschen – und nicht nach den Profitinteressen von Unternehmen – richtet“. Es sollte noch einmal ein Zeichen gesetzt werden, bevor der Stadtrat am 28. Februar über das Schicksal der Hasi entscheiden will. Ganz weit hinten auf der Tagesordnung, im nichtöffentlichen Teil unter Punkt 7.1.  

Im öffentlichen Teil unter dem Tagesordnungspunkt 9.3 findet sich im Übrigen eine Erklärung, die unter Mitwirkung von Die Linke, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und MitBürger für Halle – Neues Forum sowie des Oberbürgermeisters entstanden ist: „Keinen Platz der ‚Identitären Bewegung‘ und ihrer menschenverachtenden Ideologie“. Dort heißt es unter anderem: „Wir lassen es nicht zu, dass die Stadt Halle durch die ‚Identitäre Bewegung‘ und ihre menschenverachtende Ideologie vereinnahmt wird. An der Seite all jener, die sich dem ebenfalls gewaltfrei widersetzen, rufen wir dazu auf, Toleranz, Weltoffenheit und Humanismus als Werte hochzuhalten und sich im friedlichen Protest gegen das Haus zu vernetzen, zu unterstützen und miteinander zu solidarisieren.“ Mal sehen, ob diesem Lippenbekenntnis auch gleich Taten folgen. Das Hochhalten von Werten hilft wenig, wenn Orte, an denen diese Werte wirklich gelebt werden, zeitgleich zertrampelt werden. 

Der Beitrag gibt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder.

Der Beitrag wurde am 25.02.2018 nach der Demonstration aktualisiert.

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