Hasi: Ringen um das Hausprojekt

Soziokulturelles Zentrum: Verhandlungen laufen, Kriminalisierung nicht haltbar.

von | veröffentlicht am 19.01 2018

Beitragsbild: Transit

Am 16. Januar erschien die mit Spannung erwartete Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Henriette Quade (DIE LINKE). Diese hatte sich erkundigt, mit welchen Fakten Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) seine Stimmungsmache gegen das Hausprojekt "Hasi" in Halle begründen könne. Unterdessen laufen die Verhandlungen zur Rettung der soziokulturellen Einrichtung.




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Déjà-vu! Als hätten die Verantwortlichen aus der Zuspitzung um die drohende Schließung des soziokulturellen Zentrums „Hasi“ in der Hafenstraße 7 im September 2017 nichts gelernt, steht das Hausprojekt kurz vorm Ablaufen einer entscheidenden Frist schon wieder ohne gesicherte Perspektive da. Denn Ende Januar läuft die Duldung auf dem Grundstück der Halleschen Wohnungsgesellschaft (HWG) aus. Deren Aufsichtsrat hatte erst im September des vergangenen Jahres in letzter Sekunde eine Verlängerung beschlossen. 

Der bislang letzte Versuch, der Hasi eine sichere Perspektive in der namensgebenden Hafenstraße zu eröffnen, scheiterte im Dezember auf einer Sitzung des halleschen Stadtrates: Die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen und Mitbürger für Halle – Neues Forum reichten nicht aus, um die Stadt Halle zu einem Kauf des Gebäudes zu autorisieren. Das Haus der HWG, deren alleinige Gesellschafterin die Stadt ist, sollte an den Trägerverein der Hasi, den Capuze e. V., vermietet werden. Vor allem die Gegenstimmen aus der SPD-Fraktion sorgten für großen Unmut, da diese zuvor noch Sympathien für das Projekt signalisiert hatte. 

Rettungsmöglichkeiten werden verhandelt 

Derweil verhandelt die Hasi intensiv mit der Stadt. Unter anderem gilt es auch die vom Stadtrat beschlossene Prüfung alternativer Standorte abzuschließen. Die Aktivist*innen setzen weiter auf die Stadtverwaltung und den Oberbürgermeister, der sich bis zuletzt für den Fortbestand der Hasi eingesetzt hatte, während sich die HWG-Spitze „noch immer keinen Millimeter“ auf das Projekt zu bewegt habe. Gleichzeitig scheint man sich aber auch für den Fall vorzubereiten, dass es bis Ende Januar keine Lösung mehr geben wird. So wird in der Hasi darüber diskutiert, wie die Anliegen des soziokulturellen Zentrums noch einmal stärker in die Stadtgesellschaft getragen werden können. Zudem werde an einer Fortsetzung der Nutzung des Geländes der ehemaligen Gasanstalt über den 31. Januar hinaus gearbeitet.


Informationen aus verschiedenen Kreisen zufolge werden die Grünen einen neuen Antrag zum Erhalt der Hasi einbringen. 


Auch der Stadtrat könnte noch zur Rettung beitragen – am 31. Januar wird er das nächste Mal tagen. Informationen aus verschiedenen Kreisen zufolge werden die Grünen einen neuen Antrag zum Erhalt der Hasi einbringen. Inwiefern er diesmal mehr Stadträt*innen zu überzeugen vermag, lässt sich allerdings noch überhaupt nicht absehen. Allein ein Umdenken in den Reihen der SPD-Fraktion scheint möglich. Deren Fraktionsvorsitzender Johannes Krause hatte sich laut Medienberichten auf der Dezember-Sitzung enthalten, während der Rest der Fraktion geschlossen gegen den Hasi-Antrag gestimmt hatte. Ein ungewöhnlicher Vorgang.  

Ebenso ungewöhnlich eine Facebook-Meldung der örtlichen Jusos Anfang Januar. In dieser zeigte sich der SPD-Jugendverband überrascht vom Stimmverhalten der SPD-Fraktion: „Die persönlichen Gespräche im Vorfeld der Abstimmung ließen uns mehrheitlich von einem anderen Ergebnis ausgehen.“ In einer darauffolgenden öffentlichen Sitzung wurde Unterstützung für die „friedliche und soziale Arbeit des Capuze e. V. in der Hafenstraße 7“ bekundet. Der SPD-Stadtvorstand folgte der Parteijugend kurze Zeit später mit einer Resolution. Diese unterscheidet sich allerdings in einem entscheidenden Punkt vom Text der Jusos. Die Wortgruppe „in der Hafenstraße 7“ wurde gestrichen, womit sich die Partei wohl eher an der Haltung der Fraktion als an den Verlautbarungen der Jusos orientiert: Hasi ja, aber bitte nicht mehr in der Hafenstraße. 

„Alternative Fakten“ 

Immerhin stehen die Sozialdemokrat*innen der systematischen Diffamierung und Kriminalisierung des soziokulturellen Zentrums kritisch gegenüber. Insbesondere die AfD-Landtagsfraktion und Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hatten wiederholt gegen die Hasi Stimmung gemacht, das Hausprojekt in direkten Zusammenhang mit Kriminalität gestellt und als „linksextremistische Keimzelle“ bezeichnet. Die Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Henriette Quade (DIE LINKE) zeigt nun allerdings sehr deutlich, dass es für die Vorwürfe gegen die Hasi keinerlei Belege gibt. 


„Bei einer der 35 registrierten Straftaten handelte es sich um eine Beleidigung mit politischer Motivation zum Nachteil eines Besuchers der Hafenstraße 7.“


In einer Presseerklärung fasst Quade den Sachverhalt zusammen: „Zwar wurden im vergangenen Jahr in der Umgebung des Objekts Hafenstraße 7 insgesamt 35 Straftaten registriert. Dabei wurden Delikte wie Diebstahl, Beleidigung, Sachbeschädigung, Körperverletzung und Straßenverkehrsgefährdung erfasst. Die Antwort, welche Erkenntnisse zu politischen Motiven für die jeweiligen Straftaten vorliegen, ist jedoch deutlich: Bei einer der 35 registrierten Straftaten handelte es sich um eine Beleidigung mit politischer Motivation zum Nachteil eines Besuchers der Hafenstraße 7.“  

Für die restlichen registrierten Straftaten gilt, dass ein Zusammenhang mit dem Bestehen der Hasi nicht belegt bzw. auch überhaupt nicht wahrscheinlich ist – zumindest bei jenen Anzeigen, die nicht aus der Hasi selbst heraus angezeigt wurden. Die Landesregierung bleibt hier erwartbar vage in ihrer Aufzählung. Sie hätte deshalb auch „in der Umgebung der Hafenstraße 13“ schreiben können. Quades Einschätzung: Der Innenminister verbreite „alternative Fakten“ und nutze seine Rolle aus, um ein insbesondere von der CDU Halle nicht gewolltes und von Beginn an bekämpftes Projekt zu torpedieren. 

Und nicht nur das: Das Innenministerium nutzt die Kleine Anfrage auch, um das Hausprojekt weiter zu diskreditieren. So heißt es in der Antwort, der Verfassungsschutz beobachte Aktivitäten von „Linksextremisten“ und trage dabei auch Informationen darüber zusammen, „ob sich Mitglieder der linksextremistischen Szene im Objekt Hafenstraße 7 in Halle aufhalten“. Der grüne Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel hatte ein solches Agieren kürzlich erst als orchestrierten politischen „Angriff auf linksalternative Akteure und Strukturen“ bezeichnet. 


„Fände eine solche Beobachtung statt, würde das einmal mehr zeigen, dass die Sicherheitsbehörden und allen voran der Verfassungsschutz einen falschen Fokus in der Frage haben, wodurch unsere Gesellschaft und die Demokratie bedroht werden.“


Ein absolutes Kuriosum stellt die Verbindung dar, die das Innenministerium zwischen der Hasi und den G20-Protesten aufmacht. So habe in der Hasi eine Veranstaltung der vom Verfassungsschutz offenbar als linksextremistisch eingestuften Gruppierung „No tears for Krauts“ zum Thema G20-Gipfel stattgefunden. Diese Veranstaltung im Sommer 2017 richtete sich allerdings explizit gegen die G20-Mobilisierung (der unter linken Aktivist*innen nicht unumstrittene Inhalt ist unter anderem in der Jungle World ausführlich dokumentiert). Wessen Recherchefähigkeiten nicht dafür ausreichen, solche Unterschiede zu erkennen, dessen Äußerungen müssen insgesamt äußerst kritisch betrachtet werden. Dies gelingt der Mitteldeutschen Zeitung allerdings nicht, die diesen Fehler unhinterfragt in ihrem Print-Beitrag vom 19. Januar zum Ergebnis der Kleinen Anfrage übernimmt. 

Gegenüber Transit macht Henriette Quade vor diesem Hintergrund noch einmal deutlich: „Die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage zeigt: Selbst wenn der Verfassungsschutz die Hasi beobachten sollte, sagt das nun wirklich nichts aus über die Gefährdung, die von der Hasi ausgeht. Eine mögliche Beobachtung durch den Verfassungsschutz immer wieder ins Spiel zu bringen, ist Teil der Stimmungsmache gegen die Hasi und gegen die Linke im Allgemeinen. Fände eine solche Beobachtung statt, würde das einmal mehr zeigen, dass die Sicherheitsbehörden und allen voran der Verfassungsschutz einen falschen Fokus in der Frage haben, wodurch unsere Gesellschaft und die Demokratie bedroht werden. Im Fall der Hasi wird es überdeutlich: Es ist ein politisch bewusst gesetzter Fokus, der sich sachlich nicht begründen lässt.“ 


„Da ist noch Bewegung drin.“


Bemerkenswert, dass die hallesche Stadtverwaltung trotz des immensen Drucks von rechtskonservativer und rechtsextremer Seite weiter nach Möglichkeiten sucht, die Hasi in der Hafenstraße 7 auf lange Sicht zu halten. Der Stadt täte dies gut – vor dem Hintergrund des rauen gesellschaftlichen Klimas und angesichts mangelnder, frei zugänglicher Räumlichkeiten für soziales, kulturelles und politisches Engagement. Aus dem Kreis der die Hasi unterstützenden Fraktionen im Stadtrat heißt es: „Da ist noch Bewegung drin.“ 

Der Beitrag gibt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder.