Freispruch am Amtsgericht Eilenburg

Erfolg für Klimaaktivist*innen nach Flughafen-Blockade

von | veröffentlicht am 14.01 2024

Beitragsbild: Dani Luiz

Nach der Blockade einer Zufahrt des DHL-Frachtflughafens am Flughafen Leipzig/Halle im Juli 2021 durch Klimaaktivist*innen kam es in den letzten Monaten zu ersten Verhandlungen am Landgericht Halle und Leipzig. Am Amtsgericht Eilenburg wurde nun wegen des Vorwurfs der Nötigung zunächst gegen zwei Aktivist*innen verhandelt.
Am 09. Januar wurden die zwei angeklagten Klimaaktivist*innen freigesprochen, die von etwa 40 solidarischen Personen beim Prozess unterstützt wurden.




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Eine Blockade mit Nachspiel

Am 10. Juli 2021 versammelten sich 54 Klimaaktivist*innen der Gruppe „Cancel LEJ“ auf einer Zufahrt zum DHL-Hub am Flughafen Leipzig/Halle. Die Aktivist*innen protestierten gegen den geplanten Ausbau des Flughafens und für konsequente Klimaschutzpolitik, die sich am 1,5 Grad Ziel orientiert.
Zwei Stunden dauerte die Aktion an, dann wurden die Teilnehmenden eingekesselt und in Gewahrsam genommen, obwohl der Protest zuvor als Versammlung angezeigt wurde.
DHL behauptete damals durch Flugverspätungen einen Schaden von mehr als 1,5 Mio. Euro erlitten zu haben und sah den Straftatbestand der Nötigung gegeben, weshalb die Staatsanwaltschaft die Feststellung der Personalien anordnete (weiteres dazu im Bericht vom 14.07.2021 im Transit Magazin https://transit-magazin.de/blockade-mit-nachspiel/).

Der Konzern DHL zog zivilrechtlich gegen die Aktivist*innen vor Gericht. Am 16.06.2023 fand am Landgericht Halle der Prozessauftakt gegen 54 Klimaaktivist*innen statt. Bis zu einer halben Million Euro versuchte die DHL einzuklagen, jedoch kam es vorerst nicht zu einer Einigung.
DHL forderte vorm Landgericht Leipzig das Ableisten von unbezahlten Arbeitsstunden oder Ersatzzahlungen an ein Aufforstungsprojekt. Summiert auf die 54 Aktivist*innen hätte dies 4320 unbezahlte Arbeitsstunden oder stattdessen eine Geldzahlung von ca. 64.000€ bedeutet.
Aus Sicht der Klimaaktivist*innen wird hier die Strategie des Großkonzerns klar: Während man den klimaschädlichen Ausbau des Frachtflughafens weiter vorantreibe und gegen Klimaaktivist*innen vor Gericht ziehe, möchte man sich als umweltbewussten Akteur verkaufen. Die Kampagne „Repression nicht zustellbar“ wirft DHL deshalb Greenwashing vor.

Am 25.08.2023 konnte der Logistikkonzern das Schließen eines außergerichtlichen Vergleichs erwirken. Im Prozess gegen eine Einzelperson stimmten die Aktivist*innen dem Vergleich zu. Zuvor hatte es mehrere Alternativvorschläge zur Einigung von Seiten der Aktivist*innen gegeben.
Die Vorschläge beinhalteten, dass beide Seiten an einen gemeinnützigen Verein spenden sollten. Darüber hinaus sollte DHL richtigstellen, dass der Protest im Juli 2021 angemeldet wurde, die Aktion nicht zur Behinderung von Impfstoff-Lieferungen führte und keine Schäden in Höhe von 1,5 Mio. Euro entstanden, wie DHL damals behauptet hatte.
Zudem schlugen die Aktivist*innen vor, dass sich DHL für einen Ausbaustopp des Flughafens einsetzen soll und die Aktivist*innen im Gegenzug erklären, in Zukunft nicht mehr an rechtswidrigen Blockaden gegen DHL teilzunehmen. Alle Vorschläge wurden von DHL abgelehnt.
Insgesamt sechs Aktivist*innen stimmten bisher dem außergerichtlichen Vergleich von DHL zu.

Vorwurf der Nötigung - Prozess vor dem Amtsgericht Eilenburg

Nachdem DHL bereits zivilrechtlich gegen die Aktivist*innen vorgegangen war, erhob die sächsische Staatsanwaltschaft Anklage wegen des Vorwurfs der Nötigung.
Da die Teilnehmer*innen Widerspruch gegen zugestellte Strafbefehle eingelegt hatten, wird nun nacheinander gegen die Aktivist*innen am Eilenburger Amtsgericht verhandelt.
Beim ersten Prozess gegen zwei der Klimaaktivist*innen kam es am 09. Januar zum Freispruch.
Luka Scott von der Solidaritäts-Kampagne „Repression nicht Zustellbar“ dazu: „Wir wussten schon vor dem Freispruch: Der Protest war, ist und bleibt legitim und notwendig. Großkonzernen wie DHL, die die Zerstörung des Klimas für Profitinteressen billigend in Kauf nehmen, wird ein zu großer Spielraum gewährt – während Anliegen von Bürger*innen nicht gehört und Klimaaktivist*innen mit immer drastischeren Repressionen überzogen werden“. Umso wichtiger sei es, als Klimagerechtigkeitsbewegung weiterhin den Protest auf die Straße zu tragen.

Eine der Angeklagten äußerte sich dazu im Gericht: „2021 mussten wir da sitzen – und heute müssen wir weitermachen. Der Flughafenausbau muss immer noch gestoppt werden, um jedes Zehntel Grad Erderwärmung müssen wir ringen. Deshalb: Wir werden weiterkämpfen. Gegen Fluglärm, Klimakrise und Großkonzerne und für eine gute Zukunft für alle!“

Der Ausbau des Frachtflughafens Leipzig/Halle ist noch nicht final entscheiden. Aktuell läuft dazu ein Planfeststellungsverfahren bei der Landesdirektion. „Die Anwohner*innen, Bürger*innen-Initiativen und Klimaaktivist*innen werden den gemeinsamen Protest für einen klimagerechten und sozialen Umbau des Flughafens fortsetzen“, schreibt die Kampagne „Repression nicht zustellbar“ in einer Pressemitteilung. Die Aktivist*innen gehen davon aus, dass die Staatsanwaltschaft in Berufung gehen wird.
Somit werden auch zweieinhalb Jahre nach der Aktion die juristischen Folgen für die Aktivist*innen weitergehen.

Der Beitrag gibt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder.