Rauswurf der Rechten rechtens!

Eine juristische Einschätzung zur Anwendung des Hausverbots auf Mitglieder der Identitären Bewegung

von | veröffentlicht am 15.01 2018

Beitragsbild: Transit

Die durchaus fragwürdige Botschaft eine Artikels in der Mitteldeutschen Zeitung mit den Titel „Hausverbot für Identitäre in Irish Pub – War der Rauswurf der Rechten rechtens?“ vom 11.01.2018 nimmt der Arbeitskreis Kritischer Jurist_innen zum Anlass für eine Klarstellung.




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Um eine Sache vorwegzunehmen: Wir zeigen uns solidarisch mit dem Handeln der Kellnerin im Irish Pub „Anny Kilkenny“ und möchten auch andere Kneipen darin bestärken, es ihr zukünftig gleich zu tun.

Grundlage des Hausverbots

Das sogenannte Hausverbot, auf das im Fall des „Anny Kilkenny“ zurückgegriffen wurde, findet seine zivilrechtliche Verankerung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB; § 903 i.V.m. § 1004 I). Es ist vielleicht eher „Ausdruck“ des Eigentumsrechts. Nach § 903 BGB ist es dem Eigentümer gestattet, mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen. Ferner berechtigt § 1004 BGB den Eigentümer zur Beseitigung der Störung. Ob eine Störung gegeben ist, ist bei einer tatsächlichen Einwirkung Dritter auf das Eigentum somit in das Belieben des Eigentümers gestellt: Allein er darf darüber befinden, ob diese Einwirkung gestattet ist oder nicht, und Maßnahmen zu ihrer Beseitigung unternehmen.

Einschränkungen des Hausverbots

Eine gesetzliche Einschränkung des Eigentums erfolgt im zivilrechtlichen Verkehr durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das AGG hat die Verwirklichung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes im Privatrecht zum Zweck. Hiernach sind Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Zweck des AGG

Ist das Juristensprech? Zuvorderst dient das AGG dem Schutz von Beschäftigten vor Benachteiligung und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen (z.B. die Strom- und Gasversorgung).

Auf den Zivilrechtsverkehr findet das AGG hingegen nur mit eingeschränktem Umfang Anwendung auf Massengeschäfte. Unter Massengeschäften sind solche Schuldverhältnisse zu verstehen, die typischer Weise ohne Ansehung der Person in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen, wie es auch bei Bewirtungsverträgen der Fall ist.

Hausverbot gegenüber Rechten ausdrücklich gebilligt

So weit, so gut. Wenn nun der hallesche Rechtsanwalt Peter Kehl im besagten Beitrag der Mitteldeutschen Zeitung darüber schwadroniert, ein Hausverbot aufgrund der politischen Meinung sei „de facto“ (eigentlich müsste es de iure lauten) unwirksam, tritt seine Rechtunkenntnis in doppelter Hinsicht zu Tage:

1) Die Diskriminierungsverbote für den Zivilrechtsverkehr gleichen zwar den oben Genannten, allerdings mit einer Einschränkung, die er offenbar übersieht. Der Bundesgesetzgeber hat hier nämlich bewusst auf eine Benachteiligung aufgrund der Weltanschauung verzichtet (BT-Drs. 16/2022, S.13). Ihn bewog dabei explizit die Gefahr, dass Anhänger rechtsradikalen Gedankenguts vom zivilrechtlichen Schutz des AGG profitieren könnten.

2) Unabhängig davon fällt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die politische Überzeugung nicht einmal unter den Begriff der Weltanschauung (BGH Urt. v. 09.03.2012 Az. V ZR 115/11 Rn. 9).

Demnach schränkt das AGG vorliegend nicht das Hausrecht der Kellnerin ein, wenn diese Mitglieder der Identitären Bewegung (IB) gerade wegen ihrer rechtsradikalen Ansichten (für einen Überblick siehe Kick them Out) der Kneipe verweist.

Ausschlussklausel oder sachliche Gründe

Soweit keine nach außen hin erkennbare Ausschlussklausel einsehbar ist, bedarf das Hausverbot eines sachlichen Grundes. Auch diesem Erfordernis konnte hier augenscheinlich Rechnung getragen werden. Schon in der Vergangenheit fiel die IB in der halleschen Öffentlichkeit durch Gewaltbereitschaft auf. So griffen Mitglieder der IB Studierende und Polizisten an. In beiden Fällen stellte die Polizei Waffen bzw. waffenähnliche Gegenstände sicher. Allein ihre Anwesenheit ließ eine Provokation gegenüber den anderen Gästen befürchten, was dem Kilkenny also einen Grund zum Ausschluss gab; zumal das Personal, nach Informationen der MZ, von Gästen auf die Identitären angesprochen wurde.

„In solchen Fällen gehen im Normalfall die wenigsten dagegen [Hausverbot] vor“, meint Herr Kehl gegenüber der MZ. Kein Wunder! Die Gründe haben wir genannt. Dass die IB nicht überall ihr Feierabendbier bekommt, mag für sie somit zwar bedauerlich sein, ist aber völlig rechtens.

Noch ein Hinweis

Generell ist zu beachten, dass die rechtliche Bewertung anders ausfällt, wenn bereits ein Vertrag geschlossen wurde. Hier gilt grundsätzlich, dass der Vertrag auch erfüllt werden muss. Wenn, wie vorliegend, ein Bier bestellt und ausgehändigt wurde, darf dies prinzipiell auch ausgetrunken werden. Das Verhalten der Kellnerin ist deshalb aber auch hier juristisch nicht zu beanstanden. Schließlich heißt es in dem besagten Beitrag der MZ, dass die IB-Mitglieder nach der Aufforderung, „zeitnah zu gehen“, den Pub ohne Widerstand verlassen hätten, nachdem sie ihre Getränke geleert hatten.

Nichtsdestotrotz empfehlen wir jeder Kneipe, die keine Rechten bedienen möchte, vorab eine Ausschlussklausel auszuhängen, um die Verhängung eines Hausverbotes zu erleichtern.

Der Beitrag gibt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder.