Investitionen in die Krisen der Zukunft

Eine kritische Perspektive auf den politischen Umgang mit der Gaspreiskrise

von | veröffentlicht am 13.07 2022

Beitragsbild: Fridays for Future Halle

Ob im Supermarkt, auf der Heizkostenabrechnung oder zunächst abstrakt auf den Frontseiten der Zeitungen – auf die ein oder andere Art wird jede*r von uns derzeit konfrontiert mit der Gaspreiskrise und den durch sie ausgelösten Folgen. Expert*innen übertreffen sich mit düsteren Prognosen für die Zukunft, während die Politik im Eiltempo in neue Infrastruktur für Flüssiggas investiert. Es werden Tipps zum Energiesparen ausgetauscht, viele Menschen fürchten um ihre Arbeitsplätze und die Versorgungssicherheit. Im ganzen Chaos wird eins deutlich: die Gaspreiskrise verschärft bereits jetzt die gegenwärtigen Krisen enorm. In diesem Text soll die Gaspreiskrise aus klimagerechter Perspektive betrachtet und ein Gegenentwurf zu dem gegenwärtigen Umgang mit der Energieversorgung skizziert werden.




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Im Februar 2022, kurz nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine forderte Wirtschaftsminister Habeck das erste Mal zum Energiesparen auf: Jede Kilowattstunde Gas, die nicht verbraucht wird, bedeute weniger Geld in den Kriegskassen Putins. Jedes Grad weniger in der Wohnung sei ein Zeichen für Frieden und Demokratie. An diesen Sätzen ist erstmal viel dran. Die Einnahmen durch den Export von Öl und Gas sind tatsächlich Fundament des russischen Staates, etwa 1/3 der Gesamtwirtschaft fällt auf den Energiesektor. Gleichzeitig ist – wie in autoritären Staaten üblich – die von Oligarch*innen geführte Wirtschaft eng verknüpft mit den politischen Handlungsträger*innen, von diesen korrupten Systemen profitieren beide Parteien. Im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine ist es die furchtbare Wahrheit, dass die brutalen Verbrechen der russischen Armee finanziert sind durch den europäischen Hunger nach billiger Energie.

Ende Gelände Halle ist eine lokale Gruppe, die sich für Klimagerechtigkeit und gegen jede Form von Ausbeutung und Unterdrückung einsetzt, organisiert in der bundesweiten Struktur Ende Gelände die seit 2015 mit Aktionen zivilen Ungehorsams gegen Braunkohle aktiv ist und neuerdings (neokoloniale) Gas Infrastruktur ins Visier genommen hat.

Eine kalte Dusche gegen den Krieg

Was aber ist die richtige Reaktion auf diese Erkenntnis? Werden wir künftig bei jedem heißen Schaumbad in Gewissensbissen und Schuldgefühlen ergehen? Die Menschen, die in weiser Voraussicht und ökologischem Bewusstsein bereits vor einigen Jahren eine Wärmepumpe im neugebauten Einfamilienhaus installiert haben, können sich natürlich zurücklehnen. Der eigene Beitrag ist getan. Durch die Investition in die ökologische Alternative geht von ihnen kein Cent an den russischen Staat. Anders geht es den 60 %, die in Deutschland zur Miete leben und nicht über die eigene Wärmeversorgung entscheiden können. Für eine energetische Sanierung oder den Wechsel zum Ökostromanbieter hat die Mehrheit nicht die finanziellen Mittel. Bei einigen meldet sich das schlechte Gewissen und ein Gefühl der Ungerechtigkeit. Diejenigen, die derzeit besonders unter den explodierenden Gaspreisen leiden, haben im Entscheidungsprozess über den Energiemix Deutschlands kein Mitspracherecht gehabt. Die demokratisch legitimierten Handlungsträger*innen orientieren sich auf dem Feld der Energieversorgung viel zu oft an wirtschaftlichen Profitinteressen und werden durch systemische Barrieren an der Umsetzung ökologischer Programme gehemmt. In Wahlkämpfen ist das Thema ohnehin unpopulär, Projekte wie Nord Stream 2 werden von einzelnen Akteur*innen entwickelt und als alternativlos vermarktet. Trotz dieser politischen Dimension der Energiekrise erleben wir den Diskurs derzeit anders.

Die gesellschaftliche Debatte um den Erdgasverbrauch bewegt sich leider auf demselben Terrain, auf dem auch viel zu häufig noch über Klimaschutz geredet wird. Die Forderungen drehen sich um individuelle Konsumentscheidungen und persönlichen Verzicht, ohne dabei die Wurzel unserer sozialen und ökologischen Probleme ins Auge zu fassen. Die Lösungen für die Folgen der Klimakatastrophe werden auf Individuen abgewälzt und zu moralischen Entscheidungen erklärt. Frei nach den Gesetzen des Marktes kann in diesem Konzept „Klimaschutz“ betrieben werden, während die Wirtschaft sich freut und fleißig in Kampagnen investiert, die mit Nachhaltigkeit werben. Die Idee, dass das Klima durch Einzelpersonen gerettet werden könnte, ist heute common sense. Wir können uns in den sozialen Medien von Ökotipps beim Kaufverhalten inspirieren lassen, Robert Habeck ermuntert zum kürzeren Duschen und den individuellen ökologischen Fußabdruck haben einige sicher auch schon in der Schule berechnet. Mit diesem cleveren Instrument kann gemessen werden, wie viel Landmasse zur Ressourcen- und Energiegewinnung der persönliche Lebensstil erfordert. Eine Person in Australien verbraucht im Durchschnitt etwas über 9 Hektar, Menschen in Afghanistan und der Demokratischen Republik Kongo nur etwa 0,8. Dieses Tool ist sehr aussagekräftig, wenn es darum geht, weltweite Ungerechtigkeit darzustellen und auf die Verantwortung des globalen Nordens bei der Bekämpfung der Klimakrise zu verweisen. Es besitzt aber auch eine Kehrseite. 2004, zu einer Zeit also, da die fossilen Konzerne bereits seit Jahrzehnten über Ursachen und Folgen des Klimawandels Bescheid wissen, investiert der Mineralölkonzern BP in eine neue Marketingstrategie. Kurz darauf erscheint auf der Website des Unternehmens ein Berechnungstool zur persönlichen CO2-Bilanz, der Kalkulator des ökologischen Fußabdrucks ist entwickelt.

Verantwortlichkeiten aufdecken

Wieso bloß investiert die Energiewirtschaft in so ein Instrument? Müssen sie nicht massive Einbußen fürchten, wenn die Gesellschaften des globalen Nordens plötzlich den Spiegel vor den Kopf gehalten bekommen und radikal ihr Konsumverhalten ändern? Doch die Think-Tanks der fossilen Unternehmen sind natürlich nicht blöd und wissen, dass ihr milliardenschwerer Umsatz durch Entscheidungen einzelner nicht bedroht ist. Sie sind seit Jahren im Spiel der politischen Einflussnahme trainiert. Der ökologische Fußabdruck ist eine Erfindung zur Ablenkung und zur Verantwortungsabgabe. Forderungen nach systemischen Veränderungen in der Produktion werden niedergebrüllt durch die Betonung der Verantwortung Einzelner. Dabei ist der Einfluss des Individuums auf die CO2-Bilanz insgesamt marginal, die durch die Industrie verursachten Emissionen hingegen sind die wahren Triebfedern der globalen Erwärmung. Das belegt auch der „Carbon Majors Report“ von 2017: Hundert Konzerne der fossilen Energiewirtschaft sind seit 1988 für 71 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Zudem zeigten die Wissenschaftler*innen, dass mehr als die Hälfte der globalen Emissionen sogar auf nur 25 Unternehmen und staatliche Einrichtungen zurückgeführt werden können. Platz 6 auf dieser Liste der Verschmutzer*innen ist uns gut bekannt: Neben Shell und Gazprom taucht dort, welch Wunder, der Mineralölkonzern BP auf… Um den eigenen Fußabdruck zu berechnen, war im Profitrausch wohl keine Zeit.

Es ist keine Frage: die Gesellschaften des globalen Nordens müssen ihren Verbrauch einschränken. Die Ressourcenverschwendung und Massenproduktion unserer Lebensweise zerstören bereits jetzt die natürlichen Grundlagen von Menschen in anderen Teilen der Welt. Diese Umstellung muss allerdings strukturell geschehen, sonst ist sie zwecklos: wir müssen die Verbrennung fossiler Brennstoffe und den Wachstumszwang der Industrie stoppen, unseren Verkehr und die Landwirtschaft radikal verändern. Die Notwendigkeit eines systemischen Wandels wird in der Konsumkritik verschleiert und die Verantwortlichen für die Folgen der Klimakrise nicht zur Rechenschaft gezogen. In der Energiekrise, vor der wir stehen, dürfen wir diesen Fehler nicht begehen – auch, weil eine warme Wohnung nicht als verzichtbares Gut gelten darf. Jedes Jahr werden in Deutschland aufgrund fehlender Zahlungen bis zu 40.000 Gas- und Stromsperren verhängt, beim derzeitigen Gaspreisanstieg sind noch viel mehr Menschen von dieser Maßnahme bedroht. Laut einer Studie der Hanns-Böckler-Stiftung belasten die steigenden Gaspreise derzeit vor allem Haushalte mit niedrigerem Einkommen, da Strom- und Heizkosten bei ihnen einen größeren Anteil an den monatlichen Gesamtausgaben ausmachen. Gleichzeitig helfen die staatlichen Entlastungspakete den Geringverdienenden proportional schlechter, wovon insbesondere Rentner*innen betroffen sind. Die Energiekrise wirkt sich aus wie Klimakrise und Pandemie: es sind die ohnehin Marginalisierten, die am stärksten unter ihren Folgen leiden.  Eine lebenswerte Zukunft für alle darf nicht weiter gegen uneingeschränkten Zugang zu Strom, beheizten Wohnraum und Gesundheitsversorgung ausgespielt werden.

Soziale Krisen und ihr fossiler Brennstoff

Wir müssen anstelle dessen darüber reden, welcher Zusammenhang besteht zwischen den fossilen Brennstoffen und den sozialen Krisen, die sie auslösen. Wie können wir mit der Gaspreiskrise umgehen, ohne auf individuelle Lösungen zu setzen? Wie eine gerechte Verteilung der Kosten finden und die Verursacher*innen der Krise in Verantwortung ziehen? Und wie in Zukunft Energieversorgung gestalten, die nicht Krieg und Ungleichheit befördert?

Die Vergangenheit zeigt, dass die Abhängigkeiten von fossilen Brennstoffen immer wieder Auslöser für soziale Krisen weltweit sind. Die Ölkrise 1973 war ein strategischer Schachzug im Angriffskrieg von Syrien und Ägypten auf Israel, um die im Sechstagekrieg verlorenen Gebiete wieder zurück zu erobern. Um die westlichen Länder aufgrund ihrer Unterstützung Israels unter Druck zu setzen, drosselte die „Organisation der arabischen Erdölexportierenden Staaten (OAPEC)“ bewusst die Öl-Fördermengen um etwa 5 %. Dadurch stieg der Ölpreis um 70 % an, obwohl gar kein tatsächlicher Ölmangel vorhanden war. Dieser politisch gewollte Preisanstieg hatte gravierende gesamtgesellschaftliche Auswirkungen, die sich in einem deutlichen Anstieg von Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit, Sozialausgaben und Insolvenzen äußerten. Auch die Ölpreissteigerung in Folge der Proteste in der arabischen Welt von 2010 bis 2011 hatten weltweit weitreichende Auswirkungen. Wegen des Bürgerkriegs in Libyen 2011 fürchteten Investoren einen langfristigen Ausfall der Ölproduktion des Landes sowie ein Übergreifen der Unruhen auf andere ölexportierende Länder. Dadurch befand sich der Ölpreis von 2011 bis 2014 stetig auf einem sehr hohen Niveau. Dies ermöglichte unter anderem Russland die Finanzierung der Annexion der Krim 2014. Außerdem wurde durch die gestiegenen Ölpreise Fracking, eine besonders umweltschädliche und kostspieligere Methode der Erdöl- oder auch Erdgasgewinnung, deutlich lukrativer und dadurch besonders in den USA massiv gefördert. Und ein Blick nach Venezuela, das ölreichste Land der Welt, zeigt wie die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen ein ganzes Land in eine für viele Menschen existenzbedrohende Krise stürzen kann. Denn die Wirtschaft dort hängt fast vollständig von fossilen Exporteinnahmen ab – und somit von der Öl-Preisentwicklung. Der Öl-Preissturz, der 2014 auf das stetig hohe Preisniveau folgte, führt in Venezuela seitdem zu einer sinkenden Wirtschaftsleistung und einer massiven Inflation.

Mit lebensbedrohenden Folgen für die Menschen vor Ort: selbst für Normalverdiener*innen sind Grundnahrungsmittel kaum noch bezahlbar und der Mindestlohn reicht längst nicht mehr zum Überleben. Die Krise wirkt bis heute fort. All das zeigt – es ist längst an der Zeit unabhängig von fossilen Rohstoffen zu werden, nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern auch, um weitere soziale Krisen zu verhindern. Fossiles Wirtschaften bedeutet Verschärfung von Ungerechtigkeiten. Von den neokolonialen Kontinuitäten, die aus dem Gasimport resultieren, ganz zu schweigen. Jeder Kubikmeter Gas, den wir verbrauchen, bedeutet Umweltzerstörung, Ausbeutung, Vertreibung und die Verfolgung aller im Globalen Süden, die sich dagegen wehren.

Aus Fehlern lernen?

Der Angriffskrieg auf die Ukraine zwingt die europäischen Länder nun, ihre Abhängigkeit von russischer Energie zu beenden. Doch trotz ihres grünen Anstrichs und den deutlichen Lehren aus der Vergangenheit schlägt die Bundesregierung mit ihrem Maßnahmenpaket total daneben. Anstatt den Importstopp als Katalysator für eine schnellere Energiewende zu nutzen, werden neue Abhängigkeiten geschaffen und Milliarden in fossile Infrastruktur investiert. Um den ungebändigten Energiehunger unseres profit- und wachstumsgesteuerten Wirtschaftssystems zu stillen, soll ab Ende des Jahres deutlich mehr Flüssiggas (sogenanntes LNG-Gas) importiert werden. Da Herstellung und Transport von Flüssiggas allerdings teurer ist als das konventionelle Pipelinegas, gibt es bisher keine LNG-Infrastruktur in Deutschland. Doch das ändert sich nun in einer schwindelerregenden Geschwindigkeit, von der man etwa beim Kohleausstieg nur zu träumen wagt.

Im Eilverfahren wird im Mai das „LNG-Beschleunigungsgesetz“ erlassen, welches ermöglicht, dass hürdenarm Flüssiggasinfrastruktur gebaut werden kann – ohne sich an Umweltfragen, Anwohner*inneninteressen oder globalen Klimazielen stören zu müssen. Aktuell geplant ist der Bau von bis zu 12 schwimmenden oder festen LNG Terminals entlang der Nord- und Ostseeküste. Das ist aus vielerlei Hinsicht problematisch: Importiert werden soll LNG aus autoritären Staaten wie etwa Katar, ein Staat, der Menschenrechte mit Füßen tritt und die ständige Gewalt in der konfliktgeplagten Region um die Arabische Halbinsel mitfinanziert. Wenn wir etwas aus der bewusst geschaffenen Abhängigkeit von Russland lernen wollen, muss der erste Schritt sein, den Fehler nicht zu wiederholen. Verträge mit autoritären Staaten befeuern immer Gewalt und Krieg – ihr politisches Kalkül resultiert in Wirtschaftskrisen.  Zum ökologischen Greenwashing muss nicht viel gesagt werden: Auf den langen Transportwegen von Gas in flüssiger Form tritt immer wieder Methan aus, was LNG noch klimaschädlicher als konventionelles Pipeline-Gas macht

Der Lock-In Effekt und gefährliche Investitionen

Im Juli beschließt das EU-Parlament eine neue Taxonomie, um Investitionen in klimaschädliche Wirtschaftsbereiche zu verhindern und ökologische Alternativen für Unternehmer*innen attraktiv zu machen. Doch das Ergebnis ist absurd: Neben Atomenergie gilt in Zukunft Erdgas als nachhaltig und klimafreundlich. Ein schlechter Witz mit katastrophalen Folgen. Für das grüne Label für Erdgas setzte sich besonders Deutschland ein. Gebaut werden sollen diese Strukturen von Energiekonzernen, die eigentlich massiv Verantwortung für die Folgen der Klimakrise tragen müssten, nun aber wiederum durch den fossilen Kapitalismus profitieren: Sowohl der Kohlekonzern RWE als auch die Energieunternehmen Uniper und Gasunie investieren derzeit in LNG-Infrastruktur. Auch die Bundesregierung beteiligt sich mit Subventionen in Milliardenhöhe. Die große Gefahr beim Ausbau von LNG-Infrastruktur ist dabei der sogenannte „Lock-In“-Effekt: Damit sich die derzeit getätigten Investitionen lohnen, muss die Infrastruktur noch Jahrzehnte in Betrieb bleiben – bis zu einem Zeitpunkt, an dem Europa längst klimaneutral sein muss. Im Gesetzestext steht eine Bedingung für die Inbetriebnahme der LNG-Terminals. Ab 2043 sollen sie nur noch zur Weiterverarbeitung von Wasserstoff verwendet werden dürfen – der Thinktank „Climate Analytics“, der im Juni auf der UN-Klimakonferenz seine Studie „Brücke ins Nirgendwo“ vorstellte hält das für viel zu spät. Um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen, müssen bis 2035 alle Industrieländer den Gasausstieg vollzogen haben. Klar wird: Als Reaktion auf die Klima- und Energiekrise Flüssiggas den Weg zu ebnen und langfristig salonfähig zu machen, ist wie ein Pflaster auf eine klaffende Wunde zu kleben.

Eine lebenswerte Zukunft für Alle

Aber wie können wir unsere Energieversorgung anders gestalten? Die Kampagne „RWE & Co enteignen“ sieht die Lösung in einer Veränderung der Eigentumsverhältnisse im Energiesektor. Denn die Produktionsmittel, welche gebraucht werden, um bestimme Güter herzustellen, liegen in der Hand privater Unternehmen wie RWE. Diese sind in unserem kapitalistischen Wirtschaftssystem nur an einer profitorientierten Produktion interessiert und nicht an den Bedürfnissen der Gesellschaft. Die Möglichkeiten, als Gesellschaft über die Energieproduktion mitzubestimmen, sind dabei quasi nicht vorhanden. Um das zu ändern, fordert die Kampagne die Vergesellschaftung der gesamten Energieproduktion. Die Vergesellschaftung geht dabei noch einen Schritt weiter als die reine Enteignung, bei der zunächst nur privates Eigentum in öffentliches Eigentum überführt wird. Sie bedeutet, dass dieses öffentliche Eigentum in eine demokratische Struktur überführt und gemeinwohlorientiert bewirtschaftet wird. So können die Bedürfnisse von allen gehört und berücksichtig werden. Außerdem entzieht Vergesellschaftung dem Finanzmarkt Kapital. Da die Konsument*innen und Eigentümer*innen in der Regel Teil derselben wirtschaftenden Gruppe sind, entsteht kein Renditedruck zugunsten externer Investoren. Alle Gewinne die gemeinschaftlich erwirtschaftet werden bleiben in der Gemeinschaft und werden lokal gebunden. Sie können wiederum eine bessere Versorgung oder Preissenkungen finanzieren. Erneuerbare Energien bieten dabei den großen Vorteil einer hürdenarmen Dezentralisierung. Indem sie an die lokalen Begebenheiten angepasst werden kann, bietet sie eine Chance für ländliche Regionen und vereinfacht eine direkte Mitbestimmung.

Der Beitrag gibt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder.