Hasi: Die Zeit wird knapp

Stadtrat berät über Projekt - SPD sieht offene Fragen

von | veröffentlicht am 11.12 2017

Beitragsbild: per.spectre

Die Linken haben es getan, die Grünen und auch die “Mitbürger für Halle”. Ja, selbst die CDU hat’s getan! Nur eine Stadtratsfraktion hielt sich bislang mit öffentlichen Äußerungen zum Hausprojekt “Hasi” in der Hafenstraße 7 in Halle sehr zurück: die SPD. Transit Magazin hat deshalb beim SPD-Fraktionsvorsitzenden Johannes Krause direkt nachgefragt, wie die Sozialdemokrat*innen zum soziokulturellen Zentrum stehen.




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Seit Januar 2016 ist auf der Salineinsel mit der “Hasi” in der Hafenstraße 7 ein kleines soziokulturelles Zentrum entstanden. Transit Magazin berichtete ausführlich. Seit dem Spätsommer 2017 ist das Hausprojekt nun akut bedroht. Die Eigentümerin, die Hallesche Wohnungsgesellschaft HWG, hatte es versäumt bis Ende September mit den Nutzer*innen eine neue Gestattungsvereinbarung zur Fortsetzung der Nutzung des Hauses aufzusetzen. Der Aufsichtsrat des Unternehmens hatte schließlich am letzten Tag des Monats eine vorläufige Verlängerung bis Januar 2018 beschlossen. Seitdem hängt das Projekt mehr denn je im Ungewissen. In diesen Tagen berät nun der Stadtrat, wie die Hasi dauerhaft gesichert werden kann.

Alles noch offen

Die CDU-Fraktion hatte seit  Beginn des Projektes keinen Hehl aus ihrer fundamentalen Abneigung gemacht und fuhr in Gestalt ihres Fraktionsvorsitzenden Andreas Scholtyssek, der auch dem Ordnungsausschuss im Stadtrat vorsitzt, eine Rufmordkampagne – in diese ist jüngst auch Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) eingestiegen. Die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und Mitbürger für Halle – Neues Forum brachten unterdessen einen Antrag zum Kauf des Grundstückes in den Stadtrat ein. Dieser wurde am 7. Dezember im nichtöffentlichen Teil des Ausschusses für Ordnung und Umweltangelegenheiten abgelehnt. Gegen den Antrag stimmten die Räte der CDU/FDP-Fraktion und der SPD. Viele deuten diesen Beschluss bereits als deutliches Zeichen, dass die Hasi 2018 wieder schließen muss.


„Die SPD-Fraktion steht solchen Projekten in Halle positiv gegenüber.“


Der SPD-Fraktionsvorsitzende Krause will die Gegenstimmen seiner Fraktion jedoch nicht als grundsätzliche Ablehnung des Projektes verstanden wissen: Die SPD-Fraktion stehe solchen Projekten in Halle positiv gegenüber – auch der Hasi. Die Frage nach der Befürwortung eines Verbleibs in der Hafenstraße 7 lasse sich jedoch derzeit noch nicht mit einem klaren Ja oder Nein beantworten. Dafür sei die rechtliche Lage zu unklar. Viele Fragen seien noch offen. Die Fraktion habe sich auch deshalb noch keine abschließende Meinung zur Fortsetzung des Projektes in der Hafenstraße gebildet.

Etwaige Extremismusvorwürfe und Kriminalisierungsversuche, wie sie von Innenminister Holger Stahlknecht geäußert werden, spielten für die SPD-Fraktion bei ihrer Meinungsbildung keine Rolle: “Wenn der Innenminister solche Vorwürfe erhebt, muss er sie auch belegen. Das ist nicht erfolgt, deshalb haben die Anschuldigungen für die SPD-Fraktion keinerlei Relevanz”, so Krause. Er begrüßt, dass der Trägerverein des Hauses, der Capuze e.V., sich mittlerweile öffentlich deutlich zu den Vorwürfen positioniert habe.

Noch viele Fragen

Ein zentrales Problem sei für die SPD-Fraktion das Klima in der Hafenstraße. Einige Anwohner*innen stehen dem Projekt sehr kritisch gegenüber und wollen, dass es von der Salineinsel verschwindet. Obwohl die Hasi von Anfang an auf die Nachbarschaft zugegangen war. Sie beschweren sich über vermeintliche Lärmbelästigung und fühlen sich bedroht. Äußerungen, die auch der Innenminister kürzlich nutzte, um eine Polizeistatistik zu zitieren. “Fakten!” rief er dabei dem Landtag zu. Fakt ist allerdings: Bis heute ist kein Verfahren gegen die Hasi bekannt geworden. Weder das Ordnungsamt noch die Staatsanwaltschaft scheinen bislang Ermittlungen aufgenommen zu haben.


„Die Beschlussvorlage zur Zukunft der Hasi ist derzeit noch nicht entscheidungsfähig.“


Johannes Krause macht sich diese Vorwürfe denn auch nicht zu eigen, fordert allerdings, dass der Konflikt zwischen Hasi und der Nachbarschaft gelöst werden müsse. Die Lage sei sehr verhärtet. Versäumnisse sieht der SPD-Fraktionsvorsitzende hier vor allem bei der Stadt, die keine konsequente Mediation versucht habe. Tatsächlich hatte es am 23. September auf Einladung der Stadt eine Anwohner*innen-Versammlung gegeben. Auf dieser seien, so ein Bericht im Hallespektrum, kaum kritische Stimme zu vernehmen gewesen. Allerdings wurden im Anschluss Beschwerden über die kurzfristige Einladung laut.

Neben dieser verfahrenen Stimmungslage hat die SPD-Fraktion, die sich einen Alternativstandort vorstellen könnte, vor allem wirtschaftliche und haftungsrechtliche Fragen. Zudem gebe es Altlasten – es handelt sich trotz idyllischem Anschein nicht zuletzt um ein altes Industriegelände -, die wahrscheinlich saniert werden müssten. Hier sei man als Teil der Stadtverwaltung in der rechtlichen Pflicht, genau zu prüfen und wirtschaftliche Schäden für die Kommune gegebenenfalls auch abzuwenden. Genauer kann Krause, der auch im HWG-Aufsichtsrat sitzt, hier nach eigenen Angaben nicht werden. Denn die Beratungen im Stadtrat um die Details der Fortsetzung des Projektes werden bislang nicht öffentlich geführt. Und Informationen zu Aufsichtsratssitzungen unterliegen ohnehin der Vertraulichkeit.

Mehr Zeit notwendig

Auf die Frage hin, inwiefern denn überhaupt alle offenen Fragen noch rechtzeitig bis Ende Januar geklärt werden könnten, meint Krause: “Die SPD-Fraktion steht einem solchen Projekt weiter offen gegenüber und strebt an, eine Räumung zu vermeiden. Die Beschlussvorlage zur Zukunft der Hasi ist derzeit allerdings noch nicht entscheidungsfähig. Eigentlich braucht es deshalb mehr Zeit für die Verhandlungen. Das Projekt muss rechtlich auf sicheren Füßen stehen. Dann ist es hinterher weniger angreifbar.” Und mit Blick auf den Nachbarschaftskonflikt fügt Krause an: “Wir werben hier für gegenseitige Toleranz.”


„Das Projekt muss rechtlich auf sicheren Füßen stehen. Dann ist es hinterher weniger angreifbar.“


Der letzte Satz scheint exemplarisch für das Agieren der SPD-Fraktion im Konflikt um die Hasi: Niemanden verärgern. Alle zufrieden stellen. Die Lage sondieren. Rechtlich alles geklärt wissen wollen. Und erst dann eine Entscheidung treffen, wenn sie möglichst allen Interessen gerecht wird. Dabei lässt sie allerdings auch alle Seiten bis zum Schluss im Ungewissen. Für die Menschen in der Hasi ist das besonders schwierig, schließlich brauchen sie für ein weiteres Engagement für das soziokulturelle Zentrum vor allem eines: Planungssicherheit. Eine Verlängerung der Verhandlungen würde diese prekäre Lage noch verschärfen, wäre jedoch wohl hinzunehmen, um das Projekt nicht an den offenen Fragen scheitern zu lassen. Die SPD scheint im Stadtrat das Zünglein an der Waage zu werden. Es wird sich zeigen, inwieweit sie ihre grundsätzlich positive Haltung gegenüber solchen Strukturen wie der Hasi in deren Falle in die Tat umsetzt.

Der Beitrag gibt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder.