Biodiversität for Future

Der hallesche Ableger der Klimabewegung beteiligt sich an der Public Climate School

von | veröffentlicht am 25.05 2020

Beitragsbild: Transit

Während so manche Zeitung die Klimabewegung angesichts der Coronakrise schon scheitern sieht, macht diese mit großer Ausdauer unermüdlich weiter. Nach dem letzten Netzstreik kommt nun eine digitale Neuauflage der Public Climate School. Auch Halle ist dabei.




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Der Klimawandel findet trotz der aktuellen Situation nach wie vor statt und deshalb wird wieder eine Public Climate School vom 25. bis 29. Mai stattfinden. Anstelle von lokalen Präsenzveranstaltungen haben sich die Organisator*innen darauf geeinigt, die Veranstaltungen bundesweit und digital durchzuführen. Eine ganze Woche lange werden Inhalte rund um das Thema Klimakrise live und für alle frei zugänglich ausgestrahlt. Die Formate sind dabei ebenso vielfältig wie die Inhalte: Es wird Vorträge, Online-Seminare, Diskussionen, Workshops, klimafreundliche Kochshows, Quizabende, Poetry Slams und eine Klimakneipe geben. Das genaue Programm und weitere Informationen sind im Internet unter studentsforfuture.info einzusehen.

Public Climate School

Auch die Students for Future Ortsgruppe aus Halle (Saale) beteiligt sich mit drei Veranstaltungen am Programm. Den Fokus hat sie dabei auf das Thema Biodiversität gelegt. Eine leider viel zu unbeachtete Schwesterkrise der Klimakrise: der Verlust von Biodiversität. Einer der Referenten ist Prof. Dr. Josef Settele (Dienstag, 26.05. 15:30 Uhr), der als Inhaber des Co-Sitzes des Weltbiodiversitätsrates am Weltbiodiversitätsbericht mitgeschrieben hat. Zudem arbeitet er am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle und ist als Privatdozent für Ökologie an der Martin-Luther-Universität tätig. Er wird in seinem Vortrag den aktuellen Weltbiodiversitätsbericht vorstellen und dabei vor allem auf die gravierenden Auswirkungen des globalen Biodiversitätsverlustes auf die Lebensgrundlage des Menschen eingehen.

Außerdem diskutiert Dr. Bartosz Bartkowski (Donnerstag, 28.05. 11:00 Uhr) in seinem Vortrag die Herausforderungen, die die Biodiversitätskrise für eine wirksame Landnutzungspolitik darstellt, und präsentiert einige mögliche Lösungsansätze im deutschen und europäischen Kontext. Auch er arbeitet am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung.

Biodiversität (ein Erklärvideo zu den Grundlagen findet sich zum Beispiel bei Youtube) umfasst drei eng zusammenhängende Bereiche: genetische Diversität, Artenvielfalt und die Vielfalt an Ökosystemen:

  • Genetische Diversität setzt sich aus der Vielfalt von genetischen Variationen innerhalb einer Art zusammen. So gibt es also natürlicherweise nicht den einen Standardapfel, sondern verschiedenste Sorten, die alle individuelle Eigenschaften haben.
  • Artenvielfalt beschreibt das Vorkommen verschiedener Arten. So gibt es neben dem Apfel auch noch Birnen, Pflaumen und viele mehr, die an verschiedenen Orten unterschiedlich häufig vorkommen.
  • Die Vielfalt der Ökosysteme umfasst schließlich die vielen verschiedenen in sich funktionierenden Ökosysteme. Zu ihnen zählen beispielsweise verschiedene Arten von Wäldern, Seen, Wiesen, Korallenriffen oder Wüsten.

Biodiversitätsverlust

Biodiversität ist vor allem durch den menschlichen Einfluss stark zurückgegangen. 90 Prozent des Biodiversitätsverlustes sind auf unsere Ressourcennutzung sowie unsere Produktions- und Konsummuster zurückzuführen. Wir Menschen sind allerdings existentiell von Ökosystemleistungen abhängig. Dennoch zerstören wir uns diese mit unserem Wirtschaften mehr und mehr.

Ein für die Menschheit bedrohlicher Nebeneffekt ist, wie wir es gerade erleben, das Entstehen und Verbreiten von Infektionskrankheiten durch Biodiversitätsverlust. 60 Prozent aller Infektionskrankheiten wie HIV, Ebola etc. sind tierischen Ursprunges, zwei Drittel davon stammen von Wildtieren. Sie entstehen dadurch, dass Viren von Wildtieren, wie beispielsweise der Fledermaus, auf den Menschen überspringen und zu einem für den Menschen gefährlichen Krankheitserreger mutieren, welcher sich dann schlimmstenfalls pandemisch ausbreitet.

Dies passiert meist dann, wenn wir den Tieren zuvor den Lebensraum genommen haben. Wenn ich also zum Beispiel den Wald vor meinem Haus rode, wird die Fledermaus ein neues Zuhause suchen, was ohne passenden Lebensraum im Umfeld mein Garten sein wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich mit der Fledermaus in Kontakt komme, erhöht sich. Zum Beispiel könnte die Fledermaus Speichel auf einer Frucht an meinem Baum hinterlassen, die ich danach esse, oder sie verirrt sich in mein Wohnzimmer und beim Versuch, sie nach draußen zu bringen, beißt sie mich.

Im Zuge der Klimaerhitzung zeigt sich der ohnehin schon dramatische Biodiversitätsverlust allerdings noch um einiges bedrohlicher. So gibt es diese Vielfalt auf den drei genannten Ebenen nicht ohne Grund. Wenn es also nun im Rekordtempo wärmer wird, haben z.B. Arten mit einer hohen genetischen Diversität höhere Chancen, solch eine Veränderung zu überleben. Wenn Apfelbäume also genetisch vielfältig aufgestellt sind, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass es konkrete Apfelbäume gibt, die besonders kalte Perioden überstehen können und andere, die ein besonders heißes Klima überleben. Die im Zuge der industriellen Landwirtschaft abnehmende Sortenvielfalt kann in diesem Zusammenhang also zu Problemen führen.

Biodiversitätsförderung

Ähnlich verhält es sich mit den anderen Bereichen der Biodiversität. Einige wenige Arten und Ökosysteme werden sich an die klimatischen Veränderungen anpassen können, die meisten werden jedoch zusammenbrechen und aussterben. Je höher nun allerdings die Biodiversität insgesamt ist, desto höher sind die Chancen, dass sich unsere Lebensgrundlage, die Natur, an die durch uns verursachten klimatischen Veränderungen anpassen kann. So könnte man, um menschliches Leben zu erhalten, Biodiversitätsförderung als allgemeine Krisenschutzmaßnahme anwenden.

Vielleicht fragt ihr euch, was man in Halle tun könnte. Vieles! Beispielsweise könnte man Wildblumen-Samenmischungen für Schmetterlinge streuen, Wildbienenhotels aus alten Blechdosen bauen oder einfach mal Verkehrsinseln nur einmal im Jahr mähen, damit Lebensräume mit weniger Distanz zueinander bestehen und somit ein die Vielfalt stärkender Austausch stattfinden kann.

Der Beitrag gibt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder.