Gegen Kriminalisierung und Racial Profiling!

Eine landesweite Kampagne setzt sich für die Abschaffung der Waffenverbotszonen und für die Stärkung der sozialen Sicherheit in Sachsen-Anhalt ein.

von | veröffentlicht am 19.05 2022

Beitragsbild: hastuzeit

Unter dem Motto „Waffenverbotszonen abschießen – soziale Sicherheit stärken“ hat sich ein Bündnis von Menschen aus Magdeburg und Halle zusammengefunden. Gemeinsam kritisieren sie die Einrichtung sogenannter „Waffenverbotszonen“ bzw. „gefährlicher Orte“ in Sachsen-Anhalt. Durch diese würden Willkür und Rassismus im Rahmen von Polizeikontrollen verstärkt.




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Am 16. Dezember 2020 wurde eine der ersten „Waffenverbotszonen“ (WVZ) in Halle am Riebeckplatz eingerichtet. Diese ermöglicht anlasslose Kontrollen der Passant*innen unter der Prämisse der Gewährleistung „öffentlicher Sicherheit und Ordnung“. Unter „Waffen“ werden in diesem Zusammenhang nicht nur Schusswaffen oder Waffen im Sinne des Waffengesetzes verstanden, sondern auch andere Gegenstände, die für Menschen gefährlich sein können, wie Messer, Schlagstöcke u.a. („waffenähnliche Gegenstände“). Die WVZ soll laut Polizeidirektion Halle mögliche Täter*innen von der Begehung von Straftaten abschrecken. Ähnliche Ansätze gibt es auch in Städten wie Leipzig, Hamburg oder Wiesbaden. Schon 2016 wird der Bereich um den Riebeckplatz und den Hans-Dieter-Genscher-Platz und den ZOB als “gefährlicher Ort” geführt und somit Videoüberwacht.

Tatsächlich, so kritisiert die Kampagne „Waffenverbotszonen abschießen“, würden unter dem Deckmantel der „Waffenverbotszonen“ und „gefährlichen Orte“ dauerhafte, wahllose Kontrollen der Polizei ermöglicht, die institutionellen Rassismus begünstigen. Immerhin handelt es sich bei anlasslosen Kontrollen um eine Einschränkung der Grundrechte und führe zu einem erhöhten Risiko verfassungswidriger Polizeipraktiken, wie z.B. Racial Profiling.

Die Kampagne macht dabei auf aktuelle innen- und sicherheitspolitischen Gesetzesverschärfungen aufmerksam, die an unterschiedlichen Stellen auftreten. Staatliche Diskriminierungsformen, bspw. in Form von anlasslosen Polizeikontrollen, Kameraüberwachungen sowie Racial Profiling, begünstigt durch gesetzliche Regelungen wie Waffenverbotszonen, gehören in ihren Augen beendet. Stattdessen müsse die soziale Sicherheit der Menschen in den Fokus der Sicherheitsbehörden gerückt werden. Denn mehr Polizei bedeute für viele Menschen nicht mehr Sicherheit, sondern Angst und Verunsicherung.

Der Kampagne „Waffenverbotszonen abschießen – soziale Sicherheit stärken“ kann auf unterschiedlichen Kanälen gefolgt werden:

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Und Instagram

Wirkung der Waffenverbotszonen strittig.

Über die Wirkung dieser WVZ lässt sich streiten. Aus einer Landtagsanfrage der Abgeordneten Henriette Quade (Die Linke) im Jahre 2021 ging hervor, dass bei 491 Kontrollen zwischen Dezember 2020 und Februar 2021 zehn Verstöße gegen das „Waffenverbot“ festgestellt wurden [Q]. Aus Sicht der Polizei zeige die Zone Wirkung, da die Straftaten in 2021 im Vergleich zu 2020 signifikant zurückging. Außer Acht lässt sie dabei, dass dies ein allgemeiner Trend in der Kriminalstatistik war und größtenteils auf die corona bedingten Einschränkungen zurückzuführen sein dürfte.

Eine unabhängige Evaluation der Leipziger WVZ in der Eisenbahnstraße belegt zudem, dass es dort lediglich zu einer Verschiebung und Verdrängung von Straftaten kam [Q]. Ähnliches bestätigt die Polizeidirektion Halle auch für den Fall des Riebeckplatzes [Q]. Weiterhin tragen WVZen sogar zu einer Verschlechterung des Sicherheitsgefühls, insbesondere bei marginalisierten Gruppen.

Im Rahmen der Kampagne soll mit verschiedenen Aktionen und Veranstaltungen auf die Repression durch die Polizei aufmerksam gemacht werden. Es brauche eine auf wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Prävention von Kriminalität aufbauende Auseinandersetzung zur Arbeit der Polizei. Dem gegenüber stünden willkürliche, mit autoritären Ordnungsvorstellungen hantierende Konzepte, wie WVZ und „gefährliche Orte“. Zudem fordert das Bündnis die Möglichkeit, alle Menschen an der Gestaltung der öffentlichen Räume ihrer Stadt teilhaben zu lassen.

Die gesamten Forderungen des Bündnisses „Waffenverbotszonen abschießen – soziale Sicherheit stärken“:

  • Die Waffenverbotszonen am Magdeburger Hauptbahnhof und am Riebeckplatz in Halle müssen abgeschafft werden.
  • Der Hasselbachplatz in Magdeburg und der Riebeckplatz in Halle dürfen nicht länger als „gefährliche Orte“ kriminalisiert werden. Stattdessen muss an öffentlichen Plätzen das Zusammenleben möglich sein, ohne permanent durch die Polizei observiert und kontrolliert zu werden.
  • Wir fordern ein Ende aller autoritären Maßnahmen durch Staat und Polizei in Sachsen-Anhalt durch Racial Profiling und institutionellen Rassismus!

Veranstaltungen in Halle und Magdeburg geplant

Den Auftakt der Kampagne bilden zwei Veranstaltungen in Halle und Magdeburg:

20. Mai, 18 bis 20.30 Uhr: Unsicherheit durch Sicherheitsbehörden – Von Waffenverbotszonen, gefährlichen Orten & Co. in Halle
(Ort: Uni Halle, Hörsaal XX, Universitätsplatz 9)

24. Mai, 18.30 bis 20.30 Uhr: Waffenverbotszonen & gefährliche Orte in Sachsen-Anhalt abschaffen – aber wie kann das gehen? Ein Gespräch mit Freund*innen von Copwatch Leipzig
(Ort: Stadtteilladen „Mitmischen“, Maxim-Gorki-Str. 40, 39108 Magdeburg)

Der Beitrag gibt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder.