Piercings gegen Rechts

von | veröffentlicht am 04.09 2020



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Ich wollte mir einfach nur ein neues Piercing stechen lassen. Keine große Sache. Ein Nasenpiercing – keine ausgefallenen Wünsche. Also suchte ich nach einem Piercingstudio in Halle. Von zwei Studios wusste ich bereits, dass sie von Menschen aus der rechten Szene besucht oder geführt werden. Also suchte ich weiter und fragte im Freund*innenkreis nach Erfahrungswerten. So richtig konnte mir nicht weitergeholfen werden. Ein Studio das bereits irgendwas mit „weiß“ und „Schädel“ im Namen trägt, weckte bei mir schon großes Misstrauen und endlich fand ich im Internet bei nonazisinhalle.wordpress einen Hinweis darauf, dass die Betreibenden dieses Studios möglicherweise in einschlägigen Strukturen stecken. Mein Ärger und meine Wut wuchsen im Laufe der Recherche immer weiter. Das kann doch nicht sein, dass die ganze Piercingszene von Nazis durchzogen ist. Ich fragte über die Telegramm-Gruppe „Halle sharing is caring“ weiter nach Erfahrungen und Hinweisen auf Studios, die ich mit gutem Gewissen besuchen könnte. Mir wurde ein anderer Laden in der Innenstadt empfohlen. Ich freute mich, dass mein erster Eindruck von Halles Piercingszene sich womöglich widerlegen sollte und es doch Ausnahmen gibt. Ich betrat den Laden und mein Blick fiel direkt auf den Aufkleber an der Theke „Refugees not welcome“ – An dieser Stelle endet meine Recherche und ich überlege ob es eine Nische für ein neues Geschäftsmodell wäre, in Halle ein linkes Piercingstudio zu eröffnen. Allerdings ist das nur eine verzweifelte Reaktion, um mit einer erschreckenden Erkenntnis konstruktiv umgehen zu können. In mir ruft es nach einer Kampagne – ‚Piercings gegen Rechts‘ oder zumindest nach diesem kurzen Statement.

Der Beitrag gibt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder.