FREIräume in der Provinz

Eröffnung des neuen Kulturzentrums "RATS" im Saalekreis

von | veröffentlicht am 03.03 2020

Beitragsbild: RATS Obhausen

Am 29. Februar war es soweit: Das RATS Kulturzentrum in Obhausen (Saalekreis) beging seine erste Veranstaltung unter dem Motto „Let’s start a Freiraum“. Das “RATS” ist das erste seiner Art in dieser Region. Es soll Raum bieten für Kunst, Kultur und politische Bildung. Mit einer antirassistischen und antifaschistischen Grundhaltung wurde inmitten einer AfD-Hochburg eine Gegenalternative geschaffen. Zu kulturellen Angeboten, die in der Region ansonsten nur spärlich vorhanden sind, gibt es im RATS die Möglichkeit sich kreativ einzubringen. Jugendlichen sollen Impulse gegeben werden, dass doch noch nicht alles verloren ist im ländlichen Raum. Und, dass es sich auch lohnt zu kämpfen.




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So unmissverständlich der Titel war, ging es nicht nur um einen, sondern um mehrere Freiräume. Daher ist es wichtig zu betonen, dass neben dem RATS selbst auch andere Vereine und Gruppen aus dem südlichen Sachsen-Anhalt vertreten waren. Diese waren der “UNITED FORCES e.V”. aus Mücheln, der “sowas e.V.” aus Merseburg (ehemals „Domstraße 2„) sowie das “Café Internationale” und die  „kLinke“, ebenfalls aus Merseburg. Insgesamt waren gut 35 Leute anwesend, darunter auch Einzelpersonen, die kulturelle Veranstaltungen z.B. in Naumburg oder Zappendorf organisieren, aber so sehr auf einsamer Linie stehen, dass sie nicht als Gruppe oder Verein organisiert sind. Eine Vorstellungsrunde der Vereine wird demnächst bei Transit folgen.

Moderiert wurde dieses Ereignis von einer Mitarbeiterin des Regionalen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus für den Saalekreis und Mansfeld-Südharz, die einen sehr guten Job machte. Zu Beginn gab es ein Grußwort der Landtagsabgeordneten Henriette Quade (Die Linke). Sie zeigte sich erfreut über das neue Kulturzentrum, bedankte sich bei allen aktiven Menschen und sicherte ihre volle Unterstützung zu. Danach stellten Vertreter*innen der jeweiligen Gruppen diese vor und erläuterten kurz ihre Arbeit.

Nach dieser Kennenlernrunde gab es einen Input von Tobias “Pudding” Burdukat, einem Sozialarbeiter aus dem sächsischen Grimma. Dieser baute dort in den letzten Jahren das sogenannte „Dorf der Jugend“ mit Schüler*innen und anderen Jugendlichen auf, allen Widerständen der Lokalpolitik und gesellschaftlicher Probleme zu trotz. Er berichtete von seinen Erfahrungen und Methoden im Umgang mit rechtsgerichteten Jugendlichen, wie es überhaupt möglich ist Jugendliche so zu empowern, dass sie selbst aktiv werden und wie dieses Projekt eine verschlafene ostdeutsche Kleinstadt aufweckte und die Stadtgesellschaft in Bewegung brachte.

Nach diesem interessanten Erfahrungsbericht kam es zu einer Vernetzungsrunde. Die Gruppen kamen ins Gespräch, es wurde festgehalten wer welche Ressourcen hat, z.B. handwerkliches Können. Thematisiert wurde aber auch das, was fehlt, etwa Räume für die Merseburger Vereine. Zuletzt wurde diskutiert wie eine Struktur geschaffen werden kann, in der sich die Initiativen gegenseitig austauschen und helfen können, um in Zukunft eine solidarische Zusammenarbeit zu etablieren.

Die Veranstaltenden zeigten sich sehr zufrieden mit Ablauf und Ergebnis der Veranstaltung, es wird nicht die letzte ihrer Art gewesen sein. Die Eröffnung des RATS war ein voller Erfolg, von der frühzeitigen Bewerbung der Aktion über das Format der Beteiligung anderer Gruppen, der Organisation am Tag des Events selbst bis hin zum gut gedeckten Buffet.

Ein negativer Aspekt bleibt. Dieser hat nichts mit der Veranstaltung an sich zu tun und ist schwer zu verstehen: Die hallesche Linke war sich offenbar einig in ihrem Desinteresse gegenüber der Eröffnung des RATS. Niemand von den dortigen Strukturen der linken Häuser erschien – trotz Einladung. Nach den rechten Terroranschlägen der letzten Monate und dem generellen Aufwärtstrend reaktionärer Stimmung und Politik, wäre es wichtig gewesen der so oft geäußerten Solidarität eine praktische Seite zu geben. Bisher schadet dem RATS die fehlende Unterstützung nicht, hoffen wir, dass es in Zukunft so bleibt. Was zu sagen bleibt: Eventuell ist der Süden Sachsen-Anhalts noch nicht komplett im Arsch.

Der Beitrag gibt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder.