Politische Kunstaktion mit Kleiderbügeln in Merseburg

von | veröffentlicht am 09.06 2022

Beitragsbild: Sandrauschen | CC BY 2.0




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„150+1?! Nicht mit uns! Schluss mit §218!“ – unter diesem Motto zog am 15. Mai eine kleine Gruppe mit Luftballons und lauter Musik auf ihren Rädern durch die Merseburger Innenstadt. An Laternen, Geländern, Bäumen und Sitzbänken hängten sie 151 Drahtkleiderbügel mit bunten Infoschildern zum Thema Abtreibungen in Deutschland und weltweit auf. Ziel war ein „Protest gegen das 151-jährige Bestehen des Paragrafen 218 Strafgesetzbuch, der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland kriminalisiert“, heißt es in einer Pressemitteilung. Man wolle darauf aufmerksam machen, dass Halbwissen und Fehlinformation bei diesem Thema in Deutschland weit verbreitet seien. Viele nähmen fälschlicherweise an, Abtreibungen seien problemlos möglich, dabei stünden einer ungewollt schwangeren Person viele Hürden und Kosten im Weg.

Geplant wurde die Aktion von der sich selbst als „hinterlandorientierten und provinzsensiblen Aktionsgruppe“ bezeichnenden Gruppe „Wumms Und Wirkung 217“. Auf ihrem Blog ergänzen sie: „Wusstest du zum Beispiel, dass ein Abbruch in Deutschland je nach Praxis und Methode 200 bis 600 Euro kostet?“. Weiter schreiben sie von einer langen Liste an Bedingungen, die für einen straffreien Abbruch erfüllt werden müssten, einer flächendeckenden Unterversorgung an Ärzt*innen, die überhaupt wüssten, wie man Abbrüche durchführe, und extra nötigen Weiterbildungen für Ärzt*innen, um sich Wissen über Abtreibungen anzueignen, da die Durchführung nicht zu einer gynäkologischen Grundausbildung gehöre. In der Pressemitteilung fordert die Aktionsgruppe zum Schluss: „Für eine vollständige Gleichstellung der Geschlechter und körperliche Selbstbestimmung müssen Schwangerschaftsabbrüche vollständig legalisiert und die Paragrafen 218 und 219 StGB abgeschafft werden.“

Die Kleiderbügel dienten dabei nicht nur lediglich zur Befestigung der Informationstexte, sondern stünden symbolisch für die weltweite Unterversorgung an legalen Schwangerschaftsabbrüchen. Die Illegalisierung verhindere Abtreibungen nicht, sondern führe nur zu gefährlicheren Methoden – wie beispielsweise der Durchführung mit spitzen Gegenständen wie Kleiderbügeln. Das könne tödlich für die schwangere Person enden. „Eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen würde also Leben schützen – eine Kriminalisierung tut es nicht“, so die bündige Schlussfolgerung auf dem Blog. Mit Infotexten an den Kleiderbügeln wolle die Gruppe Wissen sichtbar im öffentlichen Raum verteilen und darauf aufmerksam machen, dass Abtreibungen in Deutschland seit 151 Jahren und bis heute strafbar sind.

Am Ende ihres Blogeintrags macht die Gruppe deutlich: „Wir sagen: Weg mit §218 StGB! Schluss mit der Tabuisierung und Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen! Mein Körper – meine Entscheidung!“

 

Info

Eine Liste an Ärzt*innen, Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen die Schwangerschaftsabbrüche durchführen findet sich auf der Seite der Bundesärztekammer. Die Aufnahme in die Liste ist freiwillig und somit ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Der Beitrag gibt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder.