Klimastreik: „Kein Recht, SUV zu fahren“
Rekordzahlen bei den Klimaprotesten in Halle, Deutschland und der Welt
Am Freitag fanden weltweit Klimaproteste im Vorfeld des laufenden UN-Klimagipfels in New York statt. Dabei gingen mehrere Millionen Menschen auf die Straße. In Halle waren mit 4.500 so viele Demonstrierende wie noch nie in der erst jungen Geschichte der FridaysForFuture dabei.
Es war sicherlich ein historischer Tag, als am Freitag vor dem Beginn des UN-Klimagipfels in New York in über 160 Staaten der Erde insgesamt mehrere Millionen Menschen auf die Straße gingen, um eine wirksame Klimapolitik einzufordern. Allein in Deutschland sollen es schätzungsweise 1.4 Millionen gewesen sein. An über 500 deutschen Demo-Orten purzelten die Beteiligungsrekorde angesichts des für den Tag angekündigten Finales beim Schnüren eines deutschen Klimapakets.
Auch in Halle zeichnete sich frühzeitig eine Rekordbeteiligung ab. Der Hallmarkt war schon zu Beginn der Demonstration sehr voll, während aus allen Ecken noch Menschen auf den geschichtsträchtigen Platz strömten. Und kurz nachdem der von den halleschen FridaysForFuture organisierte Demonstrationszug gestartet war, reichte die Menschenmenge schon vom Hallorenring rund um den Glauchaer Platz über die fast 700 Meter bis zum Franckeplatz. Da waren es bereits über 4.000 Menschen, die in Halle für das Klima mobilisiert werden konnten.
Während wichtige Verkehrsadern somit einfach mal dicht waren, wurden in Sprechchören der sofortige Kohleausstieg und mehr Erneuerbare Energien gefordert. „Es gibt kein Recht ein SUV zu fahren“ hallte es über den Asphalt, während ausgebremste Autofahrer in die Hupe griffen – ob aus Unterstützung oder Wut, war nicht zu erfahren.
Bei der Zwischenkundgebung am Leipziger Turm forderte die Gruppe Extinction Rebellion die Politik zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens auf. Im Redebeitrag wurde die Macht und Handlungsfähigkeit der Massen auf der Straße gegen die Untätigkeit der politischen Entscheidungsträger*innen betont: „Unser Aufstand gegen ihren Widerstand“.
Ein Vertreter der ScientistsForFuture kam ebenfalls zu Wort und dankte den Schüler*innen dafür, dass sie den Klimawandel und die Klimakrise zum Thema gemacht haben. Er forderte drastische Maßnahmen jetzt und weltweit. Dabei sei Klimaschutz keinesfalls paternalistisch und einschränkend, sondern würde im Gegenteil unsere Freiheiten verteidigen. Zudem schlug er zivilen Ungehorsam gegen die Untätigkeit der Politik vor, und griff damit eine Forderung auf, die gerade in wissenschaftlichen Kreisen immer mehr an Gewicht gewinnt. Vom Klimakabinett sei nicht viel zu erwarten, weshalb es notwendig sei, auch in der Schulzeit weiter massenhaft auf die Straßen zu gehen.
Die Gruppe Ende Gelände betonte in ihrem Redebeitrag die globalen Auswirkungen und die Gerechtigkeitskrise im Zuge der Klimakrise. Grund dafür sei der Kapitalismus, der Profit über die Interessen der Menschen stelle und keine Grenzen der Expansion kenne. Auch sie forderten zivilen Ungehorsam und riefen zu Aktionen gegen Kohlebagger auf, für die diese Gruppe mittlerweile weltweit bekannt ist.
Paula von FridaysForFuture Halle betonte schließlich die individuellen Handlungsmöglichkeiten aller Menschen: zum Beispiel Bäume zu pflanzen, sich vegan und vegetarisch zu ernähren, Zug und Fahrrad, statt Auto zu fahren. Und sie schloss mit einem der Wahlsprüche ihrer Bewegung: „We are unstoppable, another world is possible“.
Nach einer weiteren Zwischenkundgebung auf dem Universitätsplatz zog der Protestzug schließlich mit einer Klima-La-Ola zur Abschlusskundgebung auf dem August-Bebel-Platz. Bis zu 5.000 Menschen hatten sich im Tagesverlauf in Halle am Klimastreik beteiligt, was nicht nur bei den Organisator*innen für Begeisterung sorgte.
Und das Klimakabinett? Das legte nach einer sichtbar langen Nacht tatsächlich ein Maßnahmenpaket vor. Dieses blieb allerdings so weit hinter den Notwendigkeiten zurück, dass sich sämtliche Wissenschaftler*innen und Protestorganisationen sehr schnell einig waren, dass es nicht einmal im Ansatz ausreichen wird, die nächsten Klimaziele einzuhalten. Da konnte Kanzlerin Angela Merkel noch so betonen, dass Politik nur „das Mögliche“ machen könne. Weitere Proteste dürften also zu erwarten sein.