Umso größer die Waffe, umso größer die Solidarität?
Eine Glosse
Pistole, Gewehr, Kalaschnikow oder doch lieber was selbst gebasteltes? Wie ist es mit einem Luftgewehr? Oder was ist mit geworfenen Dingen wie Molotow-Cocktails oder den guten alten Steinen? Wie groß muss die Waffe sein, die einen bedroht, damit in den Lokalnachrichten darüber gesprochen wird? Welche Größe muss sie mindestens haben, dass es in der Tagesschau erwähnt wird? Ab welcher Größe bekundet der Ministerpräsident seine Solidarität?
In Halle wurde am 23.01.2022 mit einem Luftgewehr auf die Moschee geschossen. Seitdem fragten sich einige Linksradikale, wann denn die Kundgebungen, Demos und Solidaritätsveranstaltungen stattfinden, an denen sie teilnehmen können, um ihre Solidarität mit der muslimischen Gemeinde auszudrücken. Andere wiederum raunen vor sich hin, bei den Schüssen wäre ja vielleicht gar nicht die Moschee gemeint gewesen. Was wenn der Schütze bloß auf Tiere zielen wollte und einfach verfehlte?
Fünf Tage nach den Schüssen auf die Moschee ist es endlich so weit: Wenige hundert Personen finden sich auf Kundgebungen vor dem Islamischen Kulturcenter zusammen, die von LAMSA, verschiedenen halleschen Religionsgemeinschaften und der islamischen Gemeinde organisiert wurden. Neben Redebeiträgen von Betroffenen und Solidaritätsbekundungen aller Art fällt vor allem die Größe der Ansammlung auf: ziemlich klein. Auch medial spielten die Schüsse kaum eine Rolle. Wo sind sie also, die Massen an solidarischen Linken? Wo die überregionale Presse? Wo die Bundespolitiker*innen, die ihre Solidarität bekunden? Hängt die geringe Größe der Aufmerksamkeit für die Tat mit der geringen Schlagkraft des Luftgewehrs zusammen? Wohl kaum.
An diesen Tagen wurde erneut deutlich: es ist die weiße, christliche Mehrheitsgesellschaft, die entscheidet, welchen Opfern und Betroffenen rechter Gewalttaten gedacht wird und wie viel Öffentlichkeit sie bekommen.