Streichungen bei Klimaschutz und Demokratie

Kritik an der Umstrukturierung des Stadtverwaltung 

Der am 23. Februar in der Stichwahl zum Oberbürgermeister der Stadt Halle gewählte Dr. Alexander Vogt hat vor kurzem seine Pläne zur Umstrukturierung der Stadtverwaltung öffentlich gemacht. Dabei geht es ihm um eine strategisch neue Ausrichtung der Stadtverwaltung, die effizienter organisiert werden soll.
Die heftigsten Einschnitte betreffen die Dienstleistungszentren Demokratie und Klimaschutz, die in ihrer bisherigen Form abgeschafft werden sollen. 

Während das Dienstleistungszentrum Demokratie komplett abgeschafft werden soll, wird das Dienstleistungszentrum Klimaschutz herabgestuft und soll in Zukunft nur ein Team im Fachbereich „Umwelt“ des Geschäftsbereichs Stadtentwicklung sein. Dieser Plan trifft in der halleschen Klimabewegung auf scharfe Kritik.

Hat OB Vogt Wahlversprechen gebrochen?

Paul Ulmer von Fridays for Future Halle dazu: „Im Wahlkampf hatte Herr Vogt noch angekündigt, das Dienstleistungszentrum stärken zu wollen. Stattdessen verliert der Klimaschutz in der Arbeit der Stadtverwaltung durch die Herabstufung an Bedeutung und Sichtbarkeit“. Diese Herabstufung sorge nach den Versprechen im Wahlkampf nicht nur für einen Vertrauensverlust in der Bevölkerung, sondern sei auch ein fatales Zeichen gegen Klimaschutz und damit den Erhalt unserer Lebensgrundlage.
Fridays for Future betont, grundsätzlich eine Reform des Dienstleistungszentrums für Klimaschutz zu unterstützen. Diese müsse jedoch einen Ausbau und eine Stärkung der vorhandenen Strukturen umfassen und nicht eine Degradierung des Dienstleistungszentrums zu einem bloßen Team im Fachbereich Umwelt. 

In einer Erklärung Vogts vor der Oberbürgermeister-Wahl versprach dieser selbst: “Zur effektiven Umsetzung von Maßnahmen möchte ich ein starkes Dienstleistungszentrum Klimaschutz.” Fridays for Future Halle fordert ihn nun auf, dieses Versprechen mit höchster Priorität umzusetzen. Die Klimakrise kenne keine „Schonfrist für Amtsträger“.

„Herr Vogt hat selbst festgestellt, dass Klimaschutz zwar teuer, fehlender Klimaschutz auf Dauer aber teurer und tödlicher ist. Schon jetzt droht 2025, zu einem Dürrejahr in Deutschland zu werden. Zu diesem Zeitpunkt Klimaschutz in den Hintergrund zu rücken, lässt schwere Zweifel entstehen, dass Herrn Vogt am Schutz unserer Lebensgrundlage und der Perspektive für uns junge Menschen wirklich etwas liegt“.

Er vermittele, dass der Klimaschutz unter seiner Führung kein zentrales Anliegen der Stadt sein wird. „Was für eine Entscheidung in diesen Zeiten!“, ergänzt Shawn Kunz von Fridays for Future Halle und fordert OB Vogt auf, seinen verfassungsgemäßen Auftrag zum Klimaschutz ernst zu nehmen.

Klimabündnis Halle bittet Vogt zum Gespräch

Auch das Klimabündnis Halle, das sich 2020 gegründet hat und neben Fridays for Future Halle unter anderem auch die Scientists for Future und HalleZero e.V. vereint, fragt in einer Pressemitteilung, wie Klimaschutz in Halle zukünftig noch funktionieren solle.
Das Dienstleistungszentrum werde als kleiner Unterbereich im Fachbereich Umwelt an Bedeutung zu verlieren. „Wie soll die im Leitbild der Stadt verankerte Klimaneutralität bis deutlich vor 2040 nun erreicht werden?“, fragt sich das Klimabündnis Halle. 

„Wir fragen uns auch, wie diese Umstrukturierungen mit den von OB Vogt vor seiner Wahl vollmundig angekündigtem eigenem Konzept zu mehr kommunalem Klimaschutz zusammenpasst“

In seinem Konzept forderte er in elf Punkten mehr Stadtgrün, eine klimagerechte Stadtplanung, mehr Photovoltaik, mehr Klimabildung, die finanzielle Unterstützung von engagierten Bürger*innen durch einen Bürgerfonds. Zudem versprach Vogt, alle Projekte mit einem Klimaschutzrat zu planen, um alle Menschen der Stadt in Entscheidungen einzubeziehen. So ein Rat gibt es bisher in der Stadt nicht.
Zum Konzept eines solchen Rates ist das Klimabündnis Halle schon länger mit der Stadtverwaltung, insbesondere dem Dienstleistungszentrum Klimaschutz, der AVH, der HWG und der SWH im Austausch.

„Wir als engagierte Bürgerinnen und Bürger im Klimabündnis gehen nun trotz der augenscheinlichen Widersprüche im Vorgehen von OB Vogt zunächst nicht von einem Bruch von Wahlversprechen aus“, so das Klimabündnis weiter. Jedoch fordere man OB Vogt auf, seine Pläne zu einem besseren kommunalen Klimaschutz der Stadtbevölkerung zu erklären und mit dem Klimabündnis zum Thema Klimaschutzrat ins Gespräch zu kommen.

Dienstleistungszentrum Demokratie gestrichen

Wie bereits erwähnt streicht der Oberbürgermeister in seiner geplanten Umstrukturierung das „Demokratie“ aus dem bisherigen Dienstleistungszentrum Integration und Demokratie und verlegt es aus dem Oberbürgermeisterbüro in das Sozialdezernat.
Auch diese Entscheidung trifft auf Kritik: Die Partei Volt sieht mögliche Folgen für Vertrauen und Teilhabe durch das Wegfallen der „bürgernahen Verwaltung“, für die der Begriff „Dienstleistungszentrum“ stehe. Durch die Schwächung dieser Strukturen gehe auch ein Stück Ansprechbarkeit verloren. 

Bei Fridays for Future Halle sorgt diese Entscheidung ebenfalls auf Unmut. „Man muss sich die Frage stellen, welches Signal Vogt damit an die Zivilbevölkerung geben möchte“, so Shawn Kunz gegenüber Transit, „nach dem Bruch von Wahlversprechen nun auch noch das, woher soll das Vertrauen in seine Arbeit in den nächsten Jahren jetzt noch kommen?“ Zu Beginn des Jahres seien in Halle Tausende gegen den Rechtsruck und für Demokratie auf die Straße gegangen und eine seiner ersten Handlungen sei nun, die Demokratieförderung geringer zu priorisieren.

Welche konkreten Auswirkungen Vogts Umstrukturierungen auf die Arbeit der Stadtverwaltung haben werden, ist bisher unklar. Die Entwicklung der Stadtpolitik in Halle unter dem neuen Oberbürgermeister wird sich in den nächsten sieben Jahre zeigen.


Foto: Transit

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