Queere Menschen als Feindbild
Neonazis mobilisieren gegen den CSD Halle
Am 14. September findet in Halle der „Christopher Street Day“ mit einem Straßenfest, einer Demonstration und einer Party statt. Tausende Menschen werden sich zusammenfinden, um für queere Rechte, Akzeptanz und Vielfalt einzustehen. Wie bereits in mehreren vor allem ostdeutschen Städten wird auch für Halle zu einer queerfeindlichen Gegendemonstration aufgerufen. Verschiedene Neonazi-Gruppen und jugendliche Rechte rufen teils gewaltvoll zu Aktionen gegen den CSD auf.
Seit einiger Zeit machen Rechte vermehrt mobil gegen queere Menschen. In den letzten Jahren kam es teilweise bereits zu Angriffen auf CSD-Demonstrationen. Die Gewalt gegen queere Menschen nahm bundesweit zu.
Vereinzelt mobilisierten rechtsradikale Kräfte wie der „Dritte Weg“ gegen Demonstrationen für queere Rechte. In Weißenfels kam es beim ersten CSD in der Stadt im Jahr 2023 zu Flaschenwürfen und Hitlergrüßen durch Neonazis.
Doch in diesem Jahr hat sich die Situation nochmals verschärft. In Sozialen Medien verbreiteten sich im Juni unter dem Hashtag „#Stolzmonat“ queerfeindliche Beiträge vor allem aus dem AfD-Umfeld und boten unter anderem die Grundlage für die im August folgende Mobilisierung gegen den CSD in Bautzen. Knapp 700 Neonazis versammelten sich am 11.08.2024 in Bautzen und zündeten Pyrotechnik, versuchten Regenbogen-Fahnen in Brand zu stecken und bedrohten die Teilnehmenden des CSDs entlang der Aufzugsstrecke.
Angesichts dieser Entwicklungen äußerten sich die Organisator*innen des „CSD Halle“ bei DubistHalle zur in Halle geplanten Demonstration. “Wir beobachten die politischen Entwicklungen der letzten Jahre und besonders die Bilder der Ereignisse rund um den CSD in Bautzen mit großer Sorge”, sagte Martin Thiele von der Aidshilfe Halle. “Auch in Halle und Sachsen-Anhalt gibt es politische Kräfte vor allem aus dem rechten und rechtsradikalen Spektrum, die queere Menschen am liebsten wieder ins Private und ins Verstecken drängen wollen.” Man rechne aus diesem Grund mit entsprechenden Störaktionen und Gegenveranstaltungen und bereite sich darauf vor.
Gewaltaufrufe auf Instagram
Wenige Tage vor der CSD-Demonstration in Halle, die dieses Jahr unter dem Motto „Queerfeindlichen die Suppe versalzen“ stattfinden wird, verbreitete sich auf Instagram ein Aufruf zu Gegenaktionen. Queere Menschen wurden als „Seuche“ bezeichnet, die „beseitigt“ werden müsse. Außerdem riefen mehrere Accounts zu Gewaltbereitschaft auf.
Geteilt wurde der Aufruf vor allem von mehreren Ultras des Halleschen FC.
Laut DubistHalle hat die Polizei aus diesem Grund bereits Gefährderansprachen durchgeführt.
Einen Tag später tauchte ein Aufruf von „JN Sachsen-Anhalt“, der Jugendorganisation von „Die Heimat“ (ehemals NPD), auf Telegram und Instagram auf.
Dieser Aufruf verbreitet sich seitdem auch überregional bei verschiedenen rechtsradikalen Gruppen und Accounts. So wurde der Aufruf von Neonazis unter anderem aus der Lüneburger Heide, Pforzheim und Sachsen geteilt.
Die Neonazis wollen sich um 11 Uhr am Hauptbahnhof in Halle treffen. Im ersten Aufruf von den Ultras war noch von Riebeckplatz die Rede.
Der eigentliche Gegenprotest soll wohl auf dem Hallmarkt stattfinden, man wolle sich jedoch gemeinsam vom Hauptbahnhof „zum Hallmarkt begeben“. Ob eine Laufdemonstration vom Hauptbahnhof zum Hallmarkt angemeldet ist, ist bisher nicht bekannt.
Die Polizei wird aufgrund der Gewaltaufrufe und angekündigten Gegendemonstration mit erhöhtem Aufgebot vor Ort sein.
CSD Halle: „Niemand geht allein“
Ab 11 Uhr startet auf dem Marktplatz das Straßenfest des „CSD Halle“ mit Bühnenprogramm und zahlreichen Ständen. Um 13 Uhr soll dann die Demonstration durch die Stadt starten.
In Reaktion auf die rechtsradikalen Mobilisierungen gegen den CSD wird dazu aufgerufen, sich zu vernetzen und gemeinsam auf die Demonstration zu kommen.
CSD Halle:
„Wir gehen auf die Straßen, wir werden laut und wir bleiben sichtbar“.
Bei DubistHalle äußern sich die Veranstalter*innen zur Bedrohungslage und machen deutlich, dass man sich nicht einschüchtern lasse. „Diese Versuche, uns zum Schweigen zu bringen, zeigen einmal mehr, wie wichtig es ist, laut und sichtbar für die Rechte von LSBTIQ*-Menschen zu kämpfen, gemeinschaftlich mit allen, die für Demokratie, Vielfalt und Gleichberechtigung einstehen“, so die Organisator*innen. Man werde sich mit „aller Kraft“ gegen diese Bedrohungen stellen.
Es sei jedoch auch die Verantwortung der Mehrheitsgesellschaft, nicht weiter stillschweigend zuzuschauen, sondern aktive Unterstützung zu leisten.