Klimageld jetzt!
Gerechtigkeit und Klimaschutz zusammen denken
Lang diskutiert, von vielen Seiten gefordert und von der Regierung angedacht, doch wann kommt es nun, das Klimageld? Zur konkreten Umsetzung gibt es verschiedene Ideen und Möglichkeiten, die sich z.B. in der Art und Weise der Auszahlung oder sozialen Abstufungen in der Höhe der Auszahlung unterscheiden. Allen Überlegungen gemeinsam ist allerdings die Idee, Klimaschutzmaßnahmen sozial gerechter zu gestalten und einen Anreiz zum Einsparen von CO2 liefern.
Wir beschränken uns in diesem Artikel auf die Methode der gleichmäßigen Pro-Kopf-Ausschüttung, welche in der aktuellen Debatte die Hauptrolle spielt.
Wie soll das Klimageld funktionieren?
Unternehmen aus den Bereichen Industrie, Energiewirtschaft, Gebäude und Verkehr müssen für ihre CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe Zertifikate erwerben.[1] Dabei werden Teile dieser Zertifikate EU-weit über den EU-Emissionshandel bezogen und Teile aus dem nationalen Emissionshandelssystem, welches bis 2025 mit Festpreisen arbeitet. Diese Festpreise sind im Allgemeinen auch als CO2-Preis oder CO2-Steuer bekannt. Die durch den Kauf dieser Zertifikate entstehenden Kosten werden an den Endkunden weitergegeben. Die Einnahmen aus der gesamten CO2-Bepreisung sollen gleichmäßig pro Kopf wieder ausgezahlt werden. Mit dem steigenden CO2-Preis und den Einnahmen aus dem EU-Emissionshandel steigt daher auch das Klimageld an.
Wir versuchen das an einer kleinen Rechnung zu verdeutlichen: Konkret heißt das, dass 2021 alle Bürger*innen in Deutschland ca. 150 € bekommen hätten. Die Summe ergibt sich, wenn die Einnahmen von insgesamt 12,5 Mrd. Euro aus der CO2-Bepreisung 2021 pro Kopf wieder ausgeschüttet würden. Dabei entstammten 7,2 Mrd. Euro dem nationalen Emissionshandelssystem (CO2-Preis) und 5,3 Mrd. Euro dem EU-Emissionshandel. Für 2025 wird mit Einnahmen zwischen 18 und 26 Mrd. Euro aus der CO2-Bepreisung gerechnet. Damit könnten alle Bürger*innen durch den steigenden CO2-Preis schon ca. 215 € bis 310 € pro Person erhalten.[2]
Fridays for Future Halle
…ist die Hallesche Ortsgruppe der globalen Bewegung „Fridays for Future“.Mehr Informationen
Reiche zahlen, Ärmere sparen
Eine Erhöhung des CO2-Preises verteuert fossile Rohstoffe, bei deren Verbrennung viele klimaschädliche Gase frei werden. Der höhere Preis dieser Rohstoffe soll dazu führen, diese einzusparen und durch klimafreundlichere Alternativen zu ersetzen. Reiche Menschen fahren größere Autos, leben auf größeren Wohnflächen und konsumieren insgesamt mehr, wodurch sie auch mehr CO2 emittieren. Somit zahlen reichere Menschen in Summe mehr CO2-Abgabe als sie durch das Klimageld zurückbekommen.[3] Dadurch tritt eine Lenkungswirkung in Kraft, die zur Einsparung des Treibhausgases führt. Das Klimageld soll die Menschen mit geringerem Einkommen entlasten und beim Umstieg auf klimafreundliche Alternativen unterstützen. Menschen mit geringerem Einkommen stoßen durch ihren Lebensstil deutlich weniger Kohlenstoffdioxid aus, sodass sie mehr Geld aus dem Klimageld zurückerhalten als sie in Form des CO2-Preises gezahlt haben.[3] Das Klimageld soll so die individuellen Anstrengungen für mehr Klimaschutz belohnen und die Akzeptanz ambitionierterer Klimaschutzmaßnahmen erhöhen.
Damit die angesprochene Lenkungswirkung eintritt und ein Anreiz zum Umstieg geschaffen wird, muss der CO2-Preis deutlich steigen. Mit dem Klimageld wird also auch ein progressives Mittel zur Umverteilung geschaffen, sodass Menschen mit weniger finanziellen Mitteln die Möglichkeit erhalten auf klimafreundliche Alternativen umzusteigen. Ohne die Einführung des Klimageldes wird für die Verbraucher*innen alles teurer und eine Umverteilung bleibt aus.
Die Gelder für das Klimageld sind schon ausgegeben
Aktuell fließen die Einnahmen aus dem CO2-Preis in den Klima- und Transformationsfonds, einen „Wundertopf“. Lediglich 50 % der Einnahmen aus dem EU-Emissionshandel sollten für die klimafreundliche Transformation ausgegeben werden. Die restlichen Milliarden können komplett frei verwendet werden und z.B. für steigende Energie- oder Mobilitätskosten oder andere politische Programme verwendet werden.[2] So fließen beispielsweise mehrere Milliarden Euro in die Intel-Ansiedelung bei Magdeburg. Die Einnahmen aus dem CO2-Preis sind bereits bis 2027 verplant und müssten bei
Einführung des Klimageldes anderweitig aufgebracht werden.[4] Ein Weg diese Gelder zu ersetzen, wäre der Abbau klimaschädlicher Subventionen. Diese beliefen sich 2018 auf rund 65 Mrd. Euro[5], also knapp 800 € pro Person, und könnten die verplanten Gelder aus dem Klima- und Transformationsfonds mehr als ersetzen. Gleichzeitig wäre der Abbau klimaschädlicher Subventionen, wie er im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, eine weitere sehr wichtige klimapolitische Maßnahme.
Dennoch ist das Hauptargument des Finanzministeriums gegen das Klimageld derzeit, dass es noch keinen Auszahlungsmechanismus gebe.[4] Dass dieses Argument nur vorgeschoben ist, wird an den Zahlungen zum Inflationsausgleich ersichtlich. Auch beim Kindergeld funktioniert die monatliche Auszahlung an Millionen Haushalte schon seit etlichen Jahren.
In Österreich wird bereits umverteilt
Werfen wir einen Blick auf unsere Nachbarn: Ein Land, das vormacht, wie das mit dem Klimageld funktionieren kann, ist Österreich. In Österreich gibt es den Klimabonus, so heißt das Klimageld dort. Der Klimabonus wird an alle österreichischen Bürger*innen seit Herbst 2022 ausgezahlt. Der Klimabonus in der jetzigen Form ist sozial gestaffelt. Es gibt einen Festpreis von 110 €, das ist der Mindestbetrag, den alle bekommen. Menschen, die in ihrer Mobilität benachteiligt werden, bekommen einen Zuschlag. So kommt ein Maximalbetrag von 220 € zustande. Kinder kriegen jeweils die Hälfte des Betrags, den die Erwachsenen bekommen. Und es wurde noch ein Punkt bedacht: Die Menschen müssen selbst nichts weiter dafür unternehmen: Der Klimabonus wird entweder direkt auf das eigene Konto überwiesen oder kommt in Form eines Gutscheines per Post. Diese Gutscheine können in Bankfilialen gegen Bargeld eingetauscht oder zum Bezahlen in vielen Geschäften genutzt werden.[6]
Klimaschutz kann und muss sozial gerecht passieren und das Klimageld ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Je schneller es kommt, desto eher greift die Umverteilung und die Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen steigt.
Quellen
[1] CO2-Bepreisung in: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, 19.12.2019, [online]
https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/klimaschutz/co2-bepreisung-1673008 [08.11..2023]
[2] Kalkuhl, M., Kellner, M., Roolfs, C., Rütten, K., George, J., Bekk, A., Held, A., Heinemann, M., Eydam, U., aus dem Moore, N., Pahle, M., Schwarz, A., Fahl, U., Blum, M., Treichel, K.: Optionen zur Verwendung der Einnahmen aus der CO2 -Bepreisung, Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam; 2022
[3] Edenhofer, O., Kalkuhl, M. und Roolfs, C.: Carbon Pricing and Revenue Recycling: An Overview of Vertical and Horizontal Equity Effects for Germany, CESifo Forum, 22 (5), 20221
[4] Pokraka, Daniel: Entlastung für CO2-Preis – Wo bleibt das Klimageld?, in: ARD‑aktuell / tagesschau.de, 11.08.2023, [online] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/klimageld-100.html [03.11.2023]
[5] Burger, A., Bretschneider, W.: Umweltschädliche Subventionen in Deutschland, Aktualisierte Ausgabe 2021, Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau, Texte 143/2021
[5] Klimabonus: So bekommen Sie Ihr Geld: in: Klimabonus, o. D., [online] https://www.klimabonus.gv.at/ [03.11.2023]