Klimabildungswoche an der Universität Halle

Bericht über die Public Climate School im Wintersemester 2022/23

von | veröffentlicht am 14.12 2022

Beitragsbild: Robert Fischer

Auch in diesem Semester fand an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wieder die Klimabildungswoche statt. Wie in jedem Semester wird die bundesweite Aktion auf lokaler Ebene von den Ortsgruppen organisiert. Dieses Semester konnten sich die Students for Future Halle derweil über große Unterstützung von den einzelnen Fachbereichen der Universität freuen.




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Public Climate School Wintersemester 22/23

Während die führenden Politiker*innen der Welt in Ägypten auf der Klimakonferenz über die Zukunft des Planeten verhandelten, fand an der halleschen Universität erneut die Klimabildungswoche statt. Vom 07. bis zum 11. November prägten klimawissenschaftliche Lehrinhalte das Bildungsprogramm der MLU. Dabei boten diesmal viele Dozierende selbst Veranstaltungen an, die sich explizit mit Nachhaltigkeit beschäftigten. Der Juristische Bereich an der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät sowie der Arbeitsbereich Deutsch der Philosophischen Fakultät III waren besonders engagiert. Die Hochschulgruppe Students for Future Halle ergänzte diese mit eigenständig organisierten, hochwertigen Expertenvorträgen.

Los ging es am Montag. Am Abend konnten ca. 150 Hörer*innen einer spannenden Diskussionsrunde mit einigen Lehrenden aus den Bereichen Jura und Wirtschaftswissenschaften zu klima- und gesellschaftskritischen Fragen lauschen. Inhaltlich orientierte sich die Diskussion an den beiden Fachbereichen und fragte kritisch: „Sind Recht und Wirtschaft fit für die Klimakrise?“ Dazu bezogen die anwesenden Expert*innen Stellung zur klimapolitischen Situation und räsonierten über Möglichkeiten ihrer Fachbereiche, zu einer Lösung der sozial-ökologischen Krise beizutragen. Besondere Aufmerksamkeit lenkte die Veranstaltung auf Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise, Greenwashing in und Steuerungsmechanismen für Unternehmen, die Rolle von Gewerkschaften, Erwartungen bezüglich der gleichzeitig tagenden Klimakonferenz und den sozialpolitischen Fragen zur Lastenverteilung einer gerechten Klimapolitik.

Die Diskutierenden verwiesen unter anderem auf die Notwendigkeit, den persönlichen Lebensstil zu verändern, um den politischen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Außerdem sei es notwendig, der Klimakrise realistisch gegenüberzutreten und sich neben Präventions- auch maßgeblich auf Anpassungsmaßnahmen zu konzentrieren. Mitunter kritisierten sie auch die Klimabewegung als antikapitalistisch und stellten dagegen die Idee eines grünen Wirtschaftswachstums. Die Diskussion wurde ergänzt durch kritische Zuschauer*innenfragen, die jenes wachstumsorientierte Denken in Frage stellten. Während auf der juristischen Seite auch die sozialen Facetten der Klimakrise betont wurden, zeichnete sich die wirtschaftswissenschaftliche Seite in den Augen mancher Teilnehmer*innen als zu einseitig auf ökonomische Fragen eingeschränkt aus.

voller Hörsaal im Audimax | © Sophie Altmiks

Am Dienstag Abend folgte ein Vortrag mit anschließender Diskussion von dem Verkehrsökologen Prof. Dr.-Ing. Udo Becker. In einer gut besuchten Veranstaltung sprach dieser mit Studierenden über die „Mobilitätswende in Stadt und Land“. Dabei kamen unterschiedliche Probleme der Umsetzung einer nachhaltigen Verkehrswende im ländlichen Raum zur Sprache. Der Vortrag zeichnete sich vor allem durch den sehr anschaulichen und prägnanten Vortragsstil des Sprechers aus. Außerdem diskutierten die Anwesenden auch verschiedene Lösungsmöglichkeiten.

Der juristische Blickwinkel der Diskussion am Montag wurde in einer vertiefenden Diskussion am Mittwoch fortgeführt. Dort debattierten Lehrende der MLU über die Rolle des Rechts in der Klimakrise. Vor einem Publikum von 50 Personen diskutierten dabei Prof. Dr. Dirk Hanschel (Prodekan des juristischen Bereichs mit 20 Jahren Forschungserfahrung zum Thema Umweltrecht), Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt (Inhaber der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Initiator der erfolgreichen Klimaklage vor dem Bundesverfassungsgericht) und Ennio Friedemann (Doktorand der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg und Mitglied der Climate Clinic) über die Schuldenbremse, radikalen Klimaaktivismus und die Frage, was sich an der juristischen Ausbildung ändern muss. Die Keynote zur Veranstaltung hielt Baro Gabbert, Gründerin der Climate Clinic.

Am Donnerstag konnte dank einer Kooperation mit Fridays for Future Sudan ein Vortrag des sudanesischen Klimaaktivisten Alhassan Mohamed Osman stattfinden. Über eine Videokonferenz zugeschaltet, sprach er über die verschiedenen Herausforderungen eines sich verändernden Klimas im Globalen Süden sowie die Gefahren für Klimaaktivist*innen in autoritären Staaten. In der anschließenden Fragerunde wurden auch die Rolle und Möglichkeiten der Unterstützung aus Ländern wie Deutschland diskutiert. Ein zentrales Fazit war, dass Stimmen marginalisierter Akteur*innen viel stärker gehört werden müssen.

Die globale Perspektive wurde auch am Freitagabend aufgegriffen. Unter der Thema: „Durch lokalen Aktivismus zu globaler Gerechtigkeit“, wurde in der Passage 13 in Neustadt ein Vortrag von dem Aktivisten und Wissenschaftler Sisira S. Withanachchi, gebürtig aus Sri Lanka, mit anschließender Podiumsdiskussion gehalten.

Zunächst fand am Freitag um 14.00 Uhr eine Fahrraddemo statt. Diese begann mit einer Kundgebung auf dem Uniplatz. Zum Warmwerden trat die politische Rapperin HazeL auf. Die Redebeiträge nahmen vor allem Bezug auf die Verantwortung von Universitäten und Forschungseinrichtungen, das geplante klimapolitische Leitbild der Stadt sowie die 27. Weltklimakonferenz in Ägypten. Die Demonstration endete in Neustadt, wo anschließend auch die Podiumsdiskussion stattfand.

Das vielfältige Angebot wurde darüber hinaus durch die Zusammenarbeit mit diversen Fachbereichen der Universität komplementiert. Nicht nur zeigten die Lehrenden am Montag und Dienstag Videos zur Klimabildung, die ihnen die Students for Future zur Verfügung gestellt hatten. Viele richteten ihre eigenen Lehrveranstaltungen neu aus und gingen direkt auf Nachhaltigkeitsthemen ein.

 

Wie geht es weiter?

Mit dieser einwöchigen Bildungsaktion erschöpft sich der Aktivismus der Hochschulgruppe jedoch nicht. In einem offenen Brief an das Rektorat der MLU forderten die Klimaaktivist*innen in den vergangenen Wochen im Zuge der Aktion #Hochdruck zu intensiverer und schnellerer Umsetzung nachhaltiger Hochschul- und Klimapolitik sowie zur langfristigen Verankerung von Klimabildung im Universitätsbetrieb auf. Dazu tauschten sie sich dann während der Klimabildungswoche auch in einem direkten Gespräch mit der neuen Rektorin, Prof. Dr. Claudia Becker, aus.

Gespräch mit der Rektorin | © Uni Halle/Maike Glöckner

Besondere Aufmerksamkeit lenkten sie in diesem Gespräch, neben klimapolitischen Forderungen, auch auf Fragen der Kooperation mit der Universität im Austausch mit den Ministerien des Landes. Mit diesen planen die Aktivist*innen in Zukunft Gespräche zur Zukunft einer klimagerechten Hochschullandschaft im Zuge der #Hochdruck-Kampagne.  Zudem forderten sie vom Rektorat öffentlichen Rückhalt und eine klare Positionierung in der Klimathematik, nachhaltige Forschung und Lehre sowie ausdrücklichere Unterstützung der hiesigen Klimawissenschaft.

Im Licht der ernüchternden Ergebnisse der diesjährigen Klimakonferenz und dem offensichtlichen Spalt zwischen politischer Nachlässigkeit und ökologischer Realität setzen sich die Students for Future für eine drastische Neuausrichtung von Forschung und Lehre in Richtung Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit ein, damit die Universität ihrer gesellschaftliche Verantwortung gerecht werden kann.

Students for Future Halle

… sind eine Hochschulgruppe an der Universität Halle und setzen sich vor allem für Klimabildung ein. Weitere Informationen finden sich hier.

Der Beitrag gibt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder.