Im Augenschein des Terrors
Vortrag und Ausstellung zum NSU-Komplex in Halle
Kommende Woche findet in Halle eine Ausstellung zum NSU-Komplex statt. Eröffnet wird sie mit einem einführenden Vortrag. Warum die Forderung nach Aufklärung trotz des baldigen Prozessendes lauter werden muss und die anstehende Urteilsverkündigung keinen Schlussstrich bedeuten darf.
Nach vier Jahren neigt sich der NSU-Prozess am Münchner Landgericht dem Ende zu. Und auch wenn die Bundesanwaltschaft den für das Frühjahr erwarteten Urteilsspruch schon jetzt als Sieg des Rechtsstaates über rechte Strukturen inszeniert, bleiben mehr Fragen als Antworten.
Der NSU war kein isoliertes Trio
Die Bundesanwaltschaft hielt in ihrem im September verlesenen Plädoyer weiter an der Annahme fest, der NSU sei ein isoliertes Trio gewesen, obwohl dies unter anderem durch die Arbeit der Nebenklage längst widerlegt ist. Ohne ein breites Unterstützer*innennetzwerk wären Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe weder ihr Untertauchen, noch ihre Mordserie möglich gewesen.
Nicht aufgearbeitet und im Prozess kaum thematisiert ist weiter die Rolle, die die Verfassungsschutzbehörden im NSU-Komplex gespielt haben. Anstatt die rassistische Mordserie zu stoppen, unterstützte der Inlandsgeheimdienst die Netzwerke des NSU indirekt durch ein kontraproduktives V-Personen-System und behindert die Aufarbeitung massiv durch die Vernichtung und Nichtfreigabe von Akten – nicht zuletzt, um die eigene unsägliche Rolle zu vertuschen.
Opferperspektive stärken – strukturellem Rassismus entgegentreten
Einen wichtigen Schritt zu einer breiten öffentlichen Auseinandersetzung machte im Mai das NSU-Tribunal in Köln. Über fünf Tage war das Tribunal ein Ort der gesellschaftlichen Anklage von Rassismus. Es versuchte, die einzelnen Erzählstränge über den NSU-Komplex zusammenzuführen und nahm dabei konsequent die Perspektive der von Rassismus betroffenen Menschen ein.
Zu wenig waren im gesamten Ermittlungsverlauf die Betroffenen und Angehörigen der Anschläge gehört worden, die schon früh auf mögliche rassistische Motive der Taten hinwiesen und in den Ermittlungen aufgrund rassistischer Stereotypen stattdessen selbst zu Hauptverdächtigen geworden waren.
Die Ausstellung (Link zur Facebook-Veranstaltung) ist inspiriert und motiviert vom Kölner Tribunal und soll ein Anstoß zur intensiveren Auseinandersetzung mit dem NSU-Komplex in Halle sein. Sie stellt die Opfer und ihre Geschichten in den Mittelpunkt und will eine öffentliche Erinnerungskultur stärken. Die Forderung nach Aufklärung muss laut bleiben und an vielen Orten erfolgen. Auch in Halle.