Hauptsache häufig und üppig
weiß, christlich, cis-männlich: Die Dominanzgesellschaft erinnert und gedenkt. Aber wem und was eigentlich?
Mitten in der Stadt, ein prachtvoller Anblick in diesem noch recht kargen März 2021. Bunte Gestecke liegen zu Füßen eines Denkmals. Viele von Einrichtungen, die den Namen der geehrten Person tragen. Die Blumen leuchten in alle Richtungen und bringen Leben auf den Platz. Feierlich sieht die gesamte Szene aus. Und, tatsächlich, ganze drei Tage wurde auch gefeiert. Wie jedes Jahr. Mit Blasensemble, politischer Prominenz und allerlei Brimborium, online natürlich, um die Person zu ehren, die dort aus Stein gemeißelt, wohl für einige Ewigkeiten noch steht. In aller Öffentlichkeit, farbenfroh und omnipräsent.
Wer die Person wohl sein mag? Wem könnte man in der Öffentlichkeit Halles so eine Aufwartung machen?
Vielleicht Dorothea von Erxleben? Die gebürtige Quedlinburgerin, die in Halle und als erste Frau eine Promotion in Medizin anfertigte? 1754 war das. Eine Pionierin. Aber nach ihr heißt ja schon eine Straße, hinten in Lieskau, j.w.d.* Das muss reichen.
Oder Anton Wilhelm Amo? Ein Schwarzer Philosoph, der 1734 an der Uni in Halle, als eine der ersten Schwarzen Personen im deutschsprachigen Raum überhaupt, promovierte und später dort lehrte? Ach nee, da gibt’s ja schon ein Denkmal. Eine beliebige Statue, irgendwo versteckt auf dem Uni-Campus, die ihn angeblich darstellen soll. Warum auch so genau nehmen?
Dann eben Helene Glatzer? Eine antifaschistische Widerstandskämpferin, die, aus Rixdorf kommend, in Halle die (illegalisierte) KPD-Bezirksleitung unterstütze und 1935 von der Gestapo verhaftet und im Polizeigefängnis zu Tode gefoltert wurde? Auch nicht. War wohl zu kurz in Halle.
Ach, es gäbe so einige Personen und Anlässe derer die Stadt und Öffentlichkeit derart feierlich gedenken und somit Platz und Aufmerksamkeit schenken könnte.
Schlicht, sie tut es nicht und bleibt lieber bei Gewohntem.
*[Anm. d. Red.]: j.w.d = janz weit draußen – Berliner Mundart für „weit entfernt“