Faschismus ausmerzen

Der CDU-Kanzlerkandidat wird in Halle von Protest empfangen

Trotz klirrender Kälte versammelten sich am 18.02. auf gleich zwei Kundgebungen hallische Antifaschist*innen, um Friedrich Merz den Wahlkampf zu vermiesen. Verschiedene Redebeiträge übten Kritik an der faschofreundlichen Politik der Union.

Georg-Schumann-Platz

Los ging es an diesem kalten Dienstagnachmittag gegen 14:30 mit einer Kundgebung von ‚Widersetzen Halle‘ auf dem Georg-Schumann-Platz. Von dort aus bot sich ein Blick auf den Eingang zum Dormero-Hotel, in dem die Wahlkampfveranstaltung stattfand. Eine zunächst überschaubare Anzahl Antifaschist*innen hatte sich um einen Lauti versammelt, und angesichts des Polizei-Großaufgebots ergab sich ein Betreuungsschlüssel, von dem kaputtgesparte Schulen nach 15 Jahren unionsgeführter Politik nur träumen können. Die Beamt*innen waren zudem mit Bombensicherung und Funkwagen am Start, sicherheitspolitisch also etwa auf dem Level, das Merz und Konsorten sich bei unliebsamem Protest herbeiwünschen.

Davon ließen sich die Teilnehmenden nicht einschüchtern und der Platz füllte sich. Nach einigen technisch bedingten Verzögerungen waren gut 150 Personen beim Protest anwesend. Es wurde eine symbolische Brandmauer aus Kartons gebastelt und mit Parolen bemalt, zu Musik getanzt und den Redebeiträgen zugehört.

Das Bündnis ‚Halle Wiedersetzen‘ positionierte sich im Redebeitrag gegen die arbeiter*innenfeindliche und rassistische Politik, die Friedrich Merz anstrebt, und forderte zum Widerstand gegen alle Formen von Faschismus aus, sei es vonseiten der extremen Rechten oder von radikalisierten Konservativen. Als Nächstes kam ein Beitrag der Unterstützer*innengruppe der politischen Gefangenen im Budapest-Komplex. Es ging um das Schicksal von Maja und deren unrechtmäßige Verschleppung nach Ungarn durch deutsche Behörden. Maja und anderen zum Teil untergetauchten Antifaschist*innen wird vorgeworfen, Neonazis beim ‚Tag der Ehre‘ in Budapest verletzt zu haben. Gemeinsam mit Teilnehmenden der Kundgebung wurde für ein Solifoto posiert.

Ortsgruppen von Fridays For Future und der ehemals letzten Generation beklagten in ihren Redebeiträgen jeweils, dass die bürgerlichen Parteien sich im Wahlkampf an einer rassistischen und kontrafaktischen Migrationsdebatte beteiligen, während Umwelt- und Klimapolitik fast keine Rolle spielt. Diese Ignoranz sei gefährlich in Zeiten der Klimakatastrophe und superreicher Tech-Bros, die sich in die US-Regierung einkaufen. Das Bündnis 8. März Halle bekannte sich zum Motto ‚Kein Feminismus ohne Antifaschismus‘ und setzte einen persönlicheren Fokus, indem Frauen aus dem familiären Umfeld der Redenden zitiert wurden.

Gegen Ende der Kundgebung rückten die Teilnehmenden etwas näher in Richtung Straße, da gemunkelt wurde, Merz könnte das Gebäude bald in Richtung Georg-Schumann-Platz verlassen. Tatsächlich blieb der CDU-Vorsitzende an diesem Nachmittag ein Phantom für den Gegenprotest und war durch Polizei und Saalschutz gut von jeglicher ernstzunehmenden Kritik abgeschirmt.

Obwohl die Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt lagen und die Sonne bald verschwunden war, herrschte gute Stimmung auf der Kundgebung. Durch die vielseitigen Beiträge entstand der Eindruck, dass eine strömungsübergreifende Solidarität in Zeiten von rechter Eskalation noch in Teilen möglich ist.

Leipziger Straße

Die zweite Brandmauer an diesem Tag stand in der Leipziger Straße. Auf der anderen Seite des Dormero Hotels hatte das Bündnis „Halle gegen Rechts“ zum Protest aufgerufen. Auch hier versammelten sich pünktlich ab 15:30 erst einige, dann immer mehr Menschen um den Kaffeewagen der Partei Die Linke. Aufgespannt wurde ein großes Transpi mit der Forderung: „Keine Zusammenarbeit mit der extremen Rechten“ Man könnte darüber nachdenken, das Mobilisationspotenzial beider Kundgebungen in Zukunft zu bündeln, andererseits wurde das Dormero Hotel so quasi umstellt und Merz in die Mangel genommen. Außerdem gab es durch die zwei Kundgebungen womöglich mehr Redebeiträge.

So eröffnete das Bündnis „Halle gegen Rechts“ mit einem Beitrag der erneut den historischen Schritt von Merz Zusammenarbeit mit der rechtsextremen AfD herausstellte, den von ihm postulierten „Politikwechsel“ als neue Eskalationsstufe rassistischer Machtpolitik identifizierte und forderte, den Rechtsruck zu stoppen sowie die Brandmauer wiederherzustellen.

Doch ist Friedrich Merz in der Stadt, weht ein kalter Wind durch Halles Straßen. Eine solche Böhe traf nun auch die Brandmauer aus Pappkartons und wehte sie um. Schnell wieder aufgebaut von den Antifaschist*innen vor Ort war dies ein vielleicht trauriges, aber passendes Symbol für den Protest. Davon ließen sich die Demoteilnehmer*innen allerdings nicht niederschlagen. Die Stimmung blieb auch hier positiv, gemeinschaftlich und solidarisch. 

Es folgte ein Beitrag der GEW Studis, welche auf die jahrelange Hetze von Merz aufmerksam machten, die den Tabubruch am 10. Februar und die daraus folgenden rassistischen Forderungen erst ermöglicht habe. Weiterhin wiesen sie auf die von der CDU geplanten Kürzungen im öffentlichen Dienst, bei den Kitas und im Nahverkehr hin und drückten weiterhin ihre Solidarität mit Verdi und der TVöD im Arbeitskampf aus. 

Anschließend verwies auch auf dieser Kundgebung ein Vertreter von Fridays for Future auf die Vernachlässigung der Klimakrise im Wahlkampf zugunsten populistischer Stellvertreterthemen. Außerdem kritisierte er Merz schamlose Lüge im letzten TV-Duell, er würde sich freuen, endlich mal etwas zum Klima gefragt zu werden. Diese scheinheilige Verantwortungsabgabe vermittle den Eindruck, Merz sei nicht selbst dazu befähigt, die Themen seines Wahlkampfes zu bestimmen. 

Zwischendurch wurde immer wieder Musik gespielt, sodass es nie ruhig wurde in der Leipziger Straße. Insgesamt kam auch auf dieser Demo ein Gefühl von Geschlossenheit und Solidarität auf, mit dem sich dem Rechtsruck entgegengestellt wurde.

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