Die Schlacht am Galgenberg
Besichtigung eines historischen Ortes in Halle
Ein Beitrag aus der Radio-Corax-Programmzeitung über eines der letzten Gefechte zur Niederschlagung des bewaffneten Generalstreiks gegen den Kapp-Putsch in Halle.
Arbeitersöhne am Galgenberg schossen die letzten Patronen.
Der Feind kam mit Panzern und Artillerie und Landjägerbataillonen.
Himmel und Erde begruben uns, Donner der weißen Brigaden.
Wir deckten den Abzug der Roten Armee bis hinter die Nordbarrikaden.
Nie war der Märzwind so stürmisch kalt, als wir am Galgenberg lagen.
Maschinengewehre im blutigen Sand, die werden den Kommenden sagen:
Noch sind wir da, noch können wir schießen, wir geben die Waffen nicht her.
Wir werden weiterleben, unsere rote Fahne heben, Rotarmisten geben die Waffen nicht her.
Wenn ihr dereinst an den Zelten sitzt, denkt an die Galgenbergtoten.
Vergesst nie, dass wir eure Freiheit beschützt, den Arbeiterheimatboden.
Dieses Lied – gedichtet von Manfred Bieler und vertont vom Oktoberklub in der DDR – verweist auf einen Ort in Halle, der heute als kulturelles Zentrum genutzt wird. Wo sich jetzt die Gärtnerei am Galgenberg befindet, wurde 1920 erbittert gekämpft. Bernd Langer schreibt über die Schlacht am Galgenberg:
Nachdem in den Tagen zuvor die Arbeitermilizen weite Teile von Halle und Umgebung kontrollieren, will die Reichswehr am 21. März mit einem Gegenangriff die Lage für sich wenden. Zunächst soll die Arbeiterwehr im Norden von Halle vertrieben werden. Genau in der Mitte dieses Abschnitts liegt der Galgenberg, wo der Ring der Arbeiterwehren um die Stadt durchbrochen werden soll.
Zunächst werden die verschanzten Aufständischen mit MG-Feuer aus dem Zoo-Turm eingedeckt dann erfolgt ein Trommelfeuer mit allen verfügbaren Geschützen und Minenwerfern auf die Stellungen am Galgenberg. Ein Kämpfer: „Mit ungeheurer Übermacht griffen die Noskes an. Wir waren ungefähr je 100 Genossen aus Halle und der Staßfurter Gegend. Die Noskes hatten ein ganzes Bataillon eingesetzt und vier Maschinengewehre. Von der ‚Bergschenke‘ her kamen sie mit Panzerwagen und einem Geschütz. Als uns die Munition ausging, mussten wir schließlich weichen. Wir haben dabei ungeheures Glück gehabt, denn solches Feuer haben wir im ganzen Weltkrieg nicht bekommen.“
Als die Stellungen zu fallen drohen meldet sich eine Abteilung von zwanzig Jugendlichen um den Rückzug zu decken. Auf der Höhe besetzen sie die halbverschütteten Gräben und nehmen die heranrückende Reichswehr mit ihren Gewehren unter Feuer. Erneut belegt die Reichswehr die Höhen mit einem mörderischen Beschuss ihrer Minenwerfer. Doch verbissen halten die Jugendlichen stand. Viele werden von Granaten zerfetzt, einige von Soldaten beim nachfolgenden Angriff erschossen. Am Ende sind zehn von ihnen gefallen und acht teilweise schwer verwundet. Während dieses Gefechts kann sich die Masse der Arbeiterwehren absetzen.
Die Schlacht am Galgenberg war eines der letzten Gefechte zur Niederschlagung des bewaffneten Generalstreiks gegen den Kapp-Putsch in Halle. Es folgten Kämpfe um die Altstadt und den Hettstedter Bahnhof, bevor dann der Waffenstillstand ausgehandelt wurde.
30.000 Menschen bilden am 29. März den großen Trauerzug für 115 gefallene Arbeiter die als „Märtyrer der Freiheit“, auf dem Gertraudenfriedhof in Halle ihre letzte Ruhe finden. Am nächsten Vormittag folgen die Särge von 13 Offiziere und Soldaten, die als „Verteidiger von Recht und Ordnung“ fielen. Natürlich finden die Trauerfreiern getrennt statt, doch beiden Parteien gedenken ihrer Toten als seien sie in einem Krieg gefallen. Über den Gräbern der Soldaten wird ein Ehrensalut geschossen.