„Die leibliche Gefährdung ist in jüngster Zeit immens gestiegen“
LAMSA warnt vor der Bedrohung durch Rassismus
AfD als stärkste Kraft. In zahlreichen Kommunen und bei der Europawahl in Sachsen-Anhalt ist bei den Wahlen am 9. Juni das wahrgeworden, was zahlreiche Menschen befürchtet haben. Eine weitere Ausbreitung und Normalisierung von extremen Rechten und ein gesellschaftlicher Rechtsruck, der sich auch durch die demokratischen Parteien zieht. Diese Entwicklungen haben für von Rassismus betroffene Menschen sehr konkrete Auswirkungen.
Das Landesnetzwerk der Migrant*innenorganisationen in Sachsen-Anhalt (LAMSA) warnt vor der Bedrohung durch schwindende demokratische Werte für von Rassismus Betroffene.
Das im Jahr 2008 gegründete Netzwerk vertritt politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Interessen der Menschen mit Migrationsgeschichte in Sachsen-Anhalt.
In einer Pressemitteilung heißt es: „Die Ergebnisse der Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt werfen ein bedenkliches Licht auf die politische Landschaft in unserem Land“.
Der Verein befürchtet konkrete bedrohliche Auswirkungen auf Menschen mit Migrationsgeschichte. Mamad Mohamad, Geschäftsführer des LAMSA e.V., beschreibt, dass die Gefährdung in jüngster Zeit bereits „immens gestiegen“ sei. Laut der Mobilen Opferberatung für Betroffene rechter Gewalt ist Rassismus in fast drei Vierteln der Fälle rechter Gewalt das Tatmotiv.
„Die Gefahr, Opfer rechter Gewalt zu werden, ist in unserem Bundesland erheblich höher als anderswo.“
Die Bedrohungssituation führe zu einem gesteigerten Unsicherheitsgefühl, was bei vielen von Rassismus betroffenen Menschen zu einem Rückzug aus politischem Engagement führen könne.
„So entsteht ein Partizipationsdefizit, da sich die Betroffenen mit dem Lebensort nicht identifizieren können“, heißt es von LAMSA weiter. Dies führe zu einer ständigen Internalisierung von Fremdheit und dem Gefühl des Nicht-Dazugehörens.
Elena Herrmann aus dem Vorstand des Vereins betont zudem, dass die Bekämpfung von Rassismus eine gesellschaftliche Verantwortung darstellt und keineswegs ein Randphänomen bei Rechtsextremist*innen sei. „Wer (Alltags-)Rassismus unwidersprochen zulässt, nimmt eine rassistische Gesellschaft mit sämtlichen Konsequenzen auch für die eigenen Kinder in Kauf. Wer rechtsextreme Parteien duldet, bringt mit aller Konsequenz demokratische Werte wie Freiheit, Unabhängigkeit und Würde des Menschen in Gefahr“, so die Vorstandsvorsitzende weiter.
Waseem Aleed, Schatzmeister des LAMSA e.V., ergänzt: „Jetzt ist es wichtiger denn je, dass wir – Migrant*innenorganisationen und auch die sonstige Zivilgesellschaft – im ganzen Land den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken, indem wir unsere Kräfte bündeln“. Wichtig sei politische Bildung, demokratische Willensbildung und Partizipationsförderung von Minderheiten.
Zur Wahrheit gehört auch, dass die Zivilgesellschaft in Sachsen-Anhalt so geschwächt ist, wie lange nicht und dass von der kurzen Welle des Protests im Frühjahr kaum etwas übrigblieb.
Doch die Zivilgesellschaft brauche es jetzt, um dem gesellschaftlichen Rechtsruck zu begegnen.