Demo für dezentrale Unterbringung von Geflüchteten

Protest in Halle fordert die Auflösung der Zentralen Anlaufstelle in Halberstadt

von | veröffentlicht am 19.04 2020

Beitragsbild: Transit

Am 18. April gab es in Halle trotz Coronakrise wieder antirassistischen Protest, der sich diesmal gegen die Zustände in der ZAst Halberstadt richtete.




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Am Samstag kamen in Halle rund 50 Menschen zu einer Demonstration gegen die Bedingungen in Sachsen-Anhalts „Zentraler Anlaufstelle für Asylbewerber“ (ZAst) auf dem Marktplatz zusammen. Anlass waren die kurz zuvor bekannt gewordenen Bedingungen, unter denen Geflüchtete in der Einrichtung in Halberstadt derzeit leben müssen.

Ausgangspunkt war das Bekanntwerden mehrerer Covid-19-Infektionen, die dazu geführt hatten, dass die Einrichtung von den Behörden unter Quarantäne gestellt wurde, mit gravierenden Folgen für die Versorgung der Bewohner*innen. Transit hatte dies bereits in einem früheren Beitrag dokumentiert.

Offener Brief an Landesregierung

Das Bündnis „Halle gegen Rechts“, Veranstalter der Demonstration auf dem Marktplatz, forderte zu Ostern in einem offenen Brief an die Landesregierung dazu auf, die Situation der Geflüchteten in Halberstadt, insbesondere deren Versorgung und Sicherheit, umgehend zu verbessern:

„Es darf nicht sein, dass Menschen in einer Einrichtung des Landes auf Spenden Dritter angewiesen sind, weil sie nicht gut versorgt werden. Dass es erneut zu Gewalt gegen Geflüchtete durch das Sicherheitspersonal gekommen ist – wie das wieder Videos zeigen – ist nicht hinzunehmen, genauso wenig, dass Fotos aus Polizeifahrzeugen auf einer extrem rechten Seite auftauchen.“

Weiter heißt es in dem Schreiben: „Die Landesregierung ist durch die Verfassung verpflichtet, die Menschenrechte aller Menschen in Sachsen-Anhalt – unabhängig von ihrem Asyl- oder Schutzstatus – zu schützen.“ Um diesem Auftrag nachzukommen müsse es eine dezentrale Unterbringung geben, da die Zentralisierung von 800 Menschen in einer „Massenunterkunft“ gerade in Zeiten der Coronakrise dem Gesundheitsschutz zuwiderlaufen würde.

Demonstration unter widrigen Umständen

Auf der Demonstration in Halle, die bis zuletzt aufgrund eines Verbotsversuches durch die Polizei auf der Kippe stand, wurden die Forderungen des offenen Briefes aufgegriffen. Erst zwei Gerichtsurteile hatten dies möglich gemacht. Dennoch war aufgrund der strengen Auflagen an regulären Protest kaum zu denken. So mussten sich alle Teilnehmenden vorab anmelden, einen Mundschutz tragen und einen Mindestabstand von zwei Metern einhalten. So wurde aus einer Demonstration für Menschenrechte und gegen die Zustände in der ZAst Halberstadt gleichzeitig auch ein Protest gegen allzu weitgehende Grundrechtseinschränkungen während der Pandemie.

Die Initiative „Solidarity City“, die sich die Situation in der ZAst Halberstadt vor Ort angeschaut hatte, wies in einem Redebeitrag auf die dringende Notwendigkeit der Dezentralisierung hin. Die Menschen fänden in der Unterkunft keine Sicherheit. An Privatsphäre sei nicht zu denken. Die Versorgung mit Lebensmitteln sei eine Katastrophe. Darüber hinaus machte sie auf die noch viel dramatischeren Zustände in den griechischen Geflüchtetenlagern aufmerksam, wo gegen elementare Flüchtlings- und Menschenrechte verstoßen werde.

Alltäglicher Rassismus

Wie allgegenwärtig Rassismus in Halle wie in allen anderen Landesteilen ist, wurde dadurch deutlich, wie schnell nach Beginn des Protestes bereits die ersten Rechten am Rande der Demonstration auftauchten und rassistische Botschaften grölten. Das Problem heißt eben vor allem auch Rassismus, denn so lange die seit Jahrzehnten immer stärker verschärfte Abwehr von Asylbewerber*innen mit rassistischen Grundeinstellungen in Teilen der Bevölkerung harmoniert, so lange wird es in Deutschland schwierig bleiben, politische Entscheidungen für eine Verbesserung der Lebensbedingungen von Geflüchteten herbeizuführen.

Umso wichtiger ist, dass gerade auch in Zeiten, in denen es wenig Aufmerksamkeit für das Schicksal von gesellschaftlich ausgeschlossenen Menschen gibt, öffentlicher Protest möglich ist, sei es mit Demonstrationen wie der des Bündnisses „Halle gegen Rechts“ oder durch die Arbeit des Antirassistischen Netzwerkes Sachsen-Anhalt.


Video zur Demo

Der Beitrag gibt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder.

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