Das Kissen



CN: Tod, Trauer
8.7.2020
Es ist einer dieser Morgende, an denen die Nacht sich gerade schlafen gelegt hat und Du erwachst. Es ist viel zu früh. Am liebsten würdest Du Dich erschiessen, weil der Traum so heilsam war und Du jetzt wieder zurück gebombt bist in eine Realität, die nicht Deine zu sein vermag. Jetzt musst Du wieder kämpfen, denkst Du Dir. Gallopieren, wie ein kopfloser Reiter durch das Dickicht Deiner Gefühlsregungen, deren Wunden nur Du selbst lecken kannst. Das Bett ist noch warm, wie damals, als Dein Vater starb. Du fühlst zu viel und die Welt ist zu wenig.
Als Du Dich in fallenden Bewegungen durch Dein Bett bewegst und zufällig an seinem Kissen strandest und wie ein Methamphetaminsüchtiger nochmal einen starken Zug seiner letzten verbliebenen Spuren seines wohl wollenden Duftes aus dem Kissen nimmst, ihn inhalierst wie eine Abhängige, die gerade ihren letzten Stoff aufbraucht, entsteht dieses unsagbare geborgene Gefühl in Dir, dass Dich näher bringt zu einer Vollkommenheit und einem Eins sein, nachdem jeder Junkie wohl dürstet. Du nimmst noch einen Zug und ja, es fühlt sich verdammt gut an, Du willst nicht, dass es aufhört, weil der Zug unschuldiger Düfte, mehr Preis gibt, als die letzten Wochen gesprochener schuldiger Worte.
Draußen klopft in leisen Tönen, der Regen an die Fensterscheibe. Im Innen dröhnt wie ein Presslufthammer in konstant regelmäßigen Tönen ein schwerer Druck auf die linke Hälfte des Thoraxs. Du willst weinen, am liebsten schreien. Doch Deine Stimme erstickt unter den ausufernden Vibrationen. Das Licht des sehr frühen Morgens scheint fahl durch die ungeputzten Fensterscheiben. Es bricht sich erschöpft durch matte Sprenkel der verbliebenen Spuren der letzten Regen am Fenster.
Du wendest Dich im Bett und blickst hinaus. Aus ein Panoramafenster, dass Dir die Welt zu Füßen legen soll. Aber die Welt begrüßt Dich heute in einem grauen Gewand.
Damals, mit zwölf, wo Du gerade den kindlichen Schlüpfern entwachsen bist und Du zum ersten Mal Bekanntschaft mit einem Presslufthammer gemacht hast, da hattest Du keine Wahl.
Am Fenster bilden die Regentropen im Laufen kleine Schneisen, so wie gierige Maden, die sich durch frisches Holz fressen. So hatte sie sich in die Beziehung gezeckt.
08.07.2020
Heute hattest Du eine Wahl. Für was hast Du Dich entschieden? Eine Dekade später, ist da genau das gleiche Gefühl der Einsamkeit. Aber Du bist am Leben und lebst. Ein Junkie auf kaltem Entzug. Wann wird die Erinnerung nur noch eine blosse Staffage? Ich erinnere mich noch wie gestern daran, wie der junge Welpe glückstaumelnd, tollpatschig und tapsig auf Dich zugerannt kam. Wie er mit einem freudigen Lächeln in Mund und Augen, Dich immer wieder umarmte. Er wollte nicht gehen und Du bist ihm frei von Vorurteilen und Ermessungen ein kurzweiliger Freund gewesen.
1. Meldung im Radio, Verkehrsmeldung 6.30 Uhr: Ein totes Reh liegt auf der Fahrbahn
2. Meldung im Radio, Verkehrsmeldung 7.00 Uhr: Ein Schwan rennt auf beiden Fahrbahnen
Die Monogamie unter vereinzelten Tierarten hat etwas beruhigendes. So sind wir doch anscheinend mehr, als nur unseren Genpool an das best ausgestattete Gegenüber weiter zu geben…
Schwäne binden sich ein Leben lang und trauern auch beim Verlust des Partners.
Hoffentlich hat er die Autobahn überlebt … .
Epilog
Eine Woge von einem erhebenden Gefühl, wenn ich Dich wieder seh’ – ist es schon so spät?
Die Sterne haben sich ins Unendliche gedreht.
Gläserne Fluidität schneidet Rinnsale in koronalen Gefäßen,
Sie sprachen auch von der Zukunft und sie dreht sich bis heute in einer elliptischen Bahn fort.
Doch in Deinem tiefsten Innern ist der Ort,
in dem nur ich für immer von Dir geküsst sein will.
An dem die Stille vor den Gedanken ist und die Ruhe vor dem Strom der Zeit,
der Dich mir immer wieder entreißt.
Silhouette eines gasförmigen Wohlwollens.
Eine Berührung und sie zerfällt,
unter dem Druck der Anspannung meiner Fixierung der Gedanken.
Eine scheinbare Unendlichkeit des Kampfes ohne Fallen zu dürfen mit Blick auf eine Ende,
legt in sehr langsamen Wogen wiederkehrendes Lachen in unser’ beider Hände.
Bis der Morgen graut male ich mir ein Lächeln mit Lippenstift ins Gesicht,
und Du versprichst,
die Wende in unserer Gezeiten.
Die Flut brachte den Abgrund einer zu früh verstorbenen Beziehung.
Ein künstlicher Kaiserschnitt und die Totgeburt eines fruchtbaren Nektars, zerfällt zu Staub
unter den liebkosenden gesäuselten Worten Deines Egos.
„Tu’s nicht!“- sprach sie. In Vorahnung ihrer bevorstehenden emotionalen Hinrichtung.
Die Ebbe bringt den rein gewaschenen Sandstrand zurück.
Wir betreten Hand in Hand neues Land,
entkräftet und fast verhungert an einer liebenden Umarmung,
möchte ich sein-
In Deinem Angesicht der Gewissheit in von Zuversicht tropfender Ehrlichkeit.
Die Zukunft, an die sie mich geißelten, ist jetzt
Geh’ mit mir nach Neverland und schreib das Datum in den Sand,
ich geb Dir das Band, dass ich aus Sonnenstrahlen geflochten hab.
Ein letztes Mal erbreche ich mich an meinen Ängsten und Sorgen,
in Los Angeles ist so eben eine Katze verstorben.
Gib’ mir endlich den Ring mit der Gravur,
ich zeichne dieses Mal unsere Portraits in den verebbenden Sand,
der Mond wirft nur noch Schatten des Tages an die Wand.
Unser Beginn wird das Ende der Zukunft sein –
Im Lichte der Regeneration streift eine Taube Dich und mich im blühenden Birkenhain.

