„Alles Für Alle“
Antikapitalistische Vorabenddemo zieht durch Halle
Am Abend des 30. Aprils nahmen gut 100 Personen an einem kämpferischen Demonstrationszug durch die Innenstadt teil. Dabei ging es um grundlegenden Protest gegen kapitalistische Strukturen und Logiken. Die Demo wurde von Bannerdrops und Pyrotechnik auf Häusern entlang der Route begleitet.
Wer sich rund um den Arbeitskampftag in Halle an Demonstrationen beteiligen will, hatte dieses Jahr einige Auswahl: Am 1. Mai selbst fanden zwei Demos statt, die eine von Gewerkschaften und Parteien geprägt, die andere organisiert von hallischen Ablegern der „Föderation Klassenkämpferischer Organisationen“. Zudem stieg auf dem Markt das übliche Straßenfest mit Hüpfburg und Bratwurst. Denen, die am Tag der Arbeiter*innenklasse mal ordentlich ausschlafen wollten, blieb dagegen noch die antikapitalistische Vorabenddemo. Dazu hatten verschiedene Organisationen aus Halle wie Ende Gelände und das Rojava Solibündnis für den 30. April um 20 Uhr aufgerufen.

Los ging es am Marktplatz, wo sogleich die absurd hohe Polizeipräsenz deutlich wurde: Fast alle Zugänge zum Abschnitt des Platzes rund um das Rathaus waren mit Wannen zugeparkt. Nach Eröffnung der Versammlung wurde ein Redebeitrag verlesen, bei dem es sich um einen wütenden Rundumschlag gegen kapitalistische Auswüchse, Sparpolitik bei gleichzeitiger militärischer Aufrüstung und rechte Kulturkämpfe handelte. Die aktuellen Krisen wurden als Krisen des Kapitalismus identifiziert, dessen Überwindung nötiger denn je sei. Begleitet vom Blaulicht setzte sich der Umzug, bei dem keine Partei-, National- und Organisationsfahnen erwünscht waren, Richtung Steintor in Bewegung.
Getragen von antikapitalistischen Sprechchören erreichte die Demo die Ludwig-Wucherer-Straße, wo sich ein erbauliches Moment ereignete: Unterstützer*innen entrollten von einem Wohnhaus aus ein Banner und zündeten Pyrotechnik. Jubelnd zog die Demo weiter über das Reileck zum August-Bebel-Platz, auf dem noch zwei Redebeiträge verlesen wurden.



Am Bebel kam es zwar zu vereinzelten Provokationen seitens rechtsgerichteter Jugendlicher, insgesamt blieben die Teilnehmenden jedoch sicher und die Stimmung entspannt. Auch hier wurde ein unterstützendes Banner am Dach eines Wohnhauses präsentiert, und auch wenn die Gesamtlage angesichts der jüngeren rechten Angriffe in der nördlichen Innenstadt dynamisch bleibt, bot sich so ein positives Symbol zum Ausklang der Veranstaltung.
Egal ob Menschen nach der Vorabenddemo in den Kampftag reinfeierten oder erschöpft ins Bett fielen, eins wurde klar: In Halle ist noch Platz für antikapitalistischen Protest jenseits des linksliberalen Partei- und Gewerkschaftsestablishments oder der Spießigkeit hierarchisch aufgebauter Kaderorganisationen.
Fotos: Dani Luiz